Kein Schlussstrich in Jena?

Rechter Terror und der Umgang damit wurde in den vergangenen Monaten in verschiedenen Kontexten thematisiert, mit denen wir in Berührung gekommen sind. Sei es die Arbeit der Falken zum Gedenken an Utoya (Reader 1 / Reader 2), der Auseinandersetzung von Genoss*innen in Halle oder die gegenwärtig in Jena stattfindende Beschäftigung zur Selbstenttarnung des NSU. So … Kein Schlussstrich in Jena? weiterlesen

Gespräch mit Birgit Mair zur Ausstellung “Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen”

28.08.21, 19:00 Uhr, Hörsaal 4 Carl-Zeiss-Str. 3 Birgit Mair wird die Ausstellung “Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen” begleitend vorstellen und über ihre Erfahrungen mit dieser berichten. Die Ausstellung, die sie im Auftrag des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) e.V. erstellt hat, zeigt die Verbrechen des NSU, die Biografien … Gespräch mit Birgit Mair zur Ausstellung “Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen” weiterlesen

Ausstellung “Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung des Verbechen”

23-30.08.21, 09:00-20:00 Uhr, Foyer Carl-Zeiss-Str. 3 Die Ausstellung “Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen” wurde in den Jahren 2012 und 2013 von Birgit Mair im Auftrag des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) e.V. erstellt und seitdem mehr als 220 Mal bundesweit gezeigt. Im Februar 2021 wurden sowohl die Ausstellung … Ausstellung “Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung des Verbechen” weiterlesen

Ehemalige Auszubildende geht zusammen mit der FAU Jena gegen Schikane im Restaurant Paradies Café GmbH vor

Das Restaurant Paradies Café GmbH ist zwar wunderschön im Paradiespark der Stadt Jena gelegen, die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sind allerdings andere als paradiesisch. Nun geht eine ehemalige Ausbildende zusammen mit der Basisgewerkschaft FAU Jena gegen ihren früheren Arbeitgeber vor. Dieser hatte im Sommer letzten Jahres die Kollegin wiederholt vor Gästen und Kolleg*innen in grober Weise […]

FAU Sommerfest am 15. August

Wir laden alle herzlich zu unserem alljährlichen Sommerfest ins FAU-Gewerkschaftslokal nach Jena ein! Das Sommerfest findet am 15. August ab 16 Uhr im Hinterhof des Lokals statt. Neben einem Grundstock an Grillzeug und Getränken stellen wir Spielzeug für Kinder und Informationsmaterialien für Erwachsene. Wir würden uns besonders freuen, neben unseren Mitgliedern, Freund*innen und Sympathisant*innen mit all denen […]

Ein Zwischenstand zur Aufarbeitung von Vorfällen sexueller und sexualisierter Gewalt

** Triggerwarnung: In diesem Text geht es um sexuelle und sexualisierte Gewalt ** Dieser Text soll den bisherigen Stand unserer internen Auseinandersetzung mit zwei uns bekannt gewordenen Vorfällen von sexueller bzw. sexualisierter Übergriffigkeit dokumentieren, welche von - inzwischen ehemaligen - Mitgliedern unserer Gruppe begangen wurden. Wir wollen unser Scheitern und unsere Fehler, unter anderem auch in Bezug auf täterschützendes Verhalten, in diesem Prozess genauso festhalten, wie die bis hierhin getroffenen Entscheidungen und die sich daraus ergebenden Veränderungen innerhalb unserer Organisierung. Wir wollen damit außerdem versuchen, verständlich zu machen, vor welchem ​​Hintergrund wir uns trotz eines fortlaufenden Aufarbeitungsprozesses, dazu entschieden haben, das "politische Parkett" wieder zu betreten und andere Menschen einzuladen, sich gemeinsam mit uns zu organisieren. Vorweg müssen wir jedoch zuächst noch zwei Dinge festhalten.

Licht an! – Geheime Dienste scheuen die Helligkeit

Für einen offenen Umgang mit staatlichen Anquatschversuchen

Sommerschule der FAU in Hannover

Zum letzten Juli-Wochenende 2021 fand in Hannover die bundesweite Sommerschule der Basisgewerkschaft FAU statt. Unter den über 75 Teilnehmer:innen befanden sich auch einige Mitglieder der FAU Jena. Die Sommerschule wird von der bundesweiten FAU-Föderation ausgerichtet. Schulungsleiter:innen aus zahlreichen Städten boten Veranstaltungen und Workshops zu verschiedenen praktischen gewerkschaftlichen Themen an – vom betrieblichen Organizing und militanten […]

Kündigung bei “Paul Sinus Art”

Ende Mai wurde einem unserer migrantischen Mitglieder gekündigt, nachdem dieser mehrere Jahre bei der Paul Sinus Art GmbH als 450€-Minijobber beschäftigt war. Die Kündigung wurde unter Nichteinhaltung der Kündigungsfrist zugestellt und ist somit nicht rechtsunwirksam. Entsprechend haben wir eine Kündigungsschutzklage eingereicht und den Arbeitgeber angeschrieben. Bei der detaillierten Prüfung des Falls fiel uns auf, dass […]

Außergerichtliche Einigung mit Nordhäuser Hausmeister und Paketzusteller Rolf Hübsch

Von dem ausstehenden Lohn, den eine Arbeiterin aus Nordhausen erfolglos von ihrem ehemaligen Arbeitgeber mündlich gefordert hatte, konnte sie mit Unterstützung der Gewerkschaft FAU Jena durch Öffentlichkeitsarbeit und eine Klage zumindest einen Teilbetrag durchsetzen. „Die Arbeiterin macht geltend, dass sie für mehrere Stunden und Tage geleisteter Arbeit nicht bezahlt worden sei – darunter zwei Wochen […]

Stellungnahme des Infoladen-Plenums zu den Outcalls

Zuerst möchten wir ausdrücklich sagen, dass wir uns solidarisch mit den Betroffenen sexueller und sexualisierter Gewalt zeigen!
Wir als Infoladen Jena möchten auch noch einmal Stellung beziehen. Wir sind spät dran, was wir nicht entschuldigen können, aber trotzdem möchten wir unsere Eindrücke und Meinungen nach einigen Diskussionen teilen.

Im Gespräch miteinander haben wir festgestellt, dass der Infoladen auch eine Historie von im weiteren Sinne antifaschistischen Gruppierungen spiegelt. Bereits früher war der Laden in Diskussionen um Vorfälle sexualisierter Gewalt und sexistischen Verhaltens involviert. Im Zuge dessen wurden auch schon Hausverbote ausgesprochen. Gerade für einen Raum wie diesen ist es wichtig, dass Grenzen gezogen werden, wer willkommen ist und wer nicht. An dieser
Stelle möchten wir auch transparent machen, dass der im Jenaer Outcall (vom August 2020) bekannt gemachte Täter eine Zeitlang (von Juli bis August 2019) zum Laden Zugang hatte.
Stand jetzt ist, dass er und die Täter aus Saalfeld im Infoladen Hausverbot haben.

Wir als Infoladen-Plenum sind solidarisch mit den betroffenen Genoss*innen, unabhängig von ihrem Umgang mit den Erfahrungen und den Tätern. Wir orientieren uns an den Forderungen der Genoss*innen. Darüber hinaus ist es unsere Aufgabe als Raum, ein Konzept zur Reaktion auf sexistisches Verhalten und Übergriffe zu erarbeiten, nicht nur um auf die Outcalls zu reagieren, sondern auch, um einen Umgang für mögliche zukünftige Übergriffe zu finden. Es braucht ein verbindliches und transparent gemachtes Konzept, auf das im Falle des Falles Bezug genommen werden kann.. Wir möchten, dass sich alle Genoss*innen bei uns einbringen können und nicht aus Sorge vor Übergriffen und Mackern wegbleiben.

Im Gespräch ist uns aufgefallen, dass folgende Frage wieder auf den Tisch muss: Wie hängen Antifa, Männlichkeitsinszenierung und Mackertum zusammen? Es ist definitiv eine Aufgabe, das innerhalb der Szene kritisch zu diskutieren und zwar immer wieder. Für eine solche Diskussion stellt sich der Infoladen mit seinen Ressourcen zur Verfügung. Das richtet sich auch an (Bezugs-)Gruppen, die sich darüber austauschen möchten, was das mit ihnen selbst zu tun hat.
Weiter möchten wir aktiv unterstützen, dass Aufklärung geleistet wird: über das Patriarchat, über sexuelle und sexualisierte Gewalt, insbesondere gegen Frauen, über ihre psychischen Folgen und den Umgang damit. Es muss basierend darauf dringend innerhalb der Szene diskutiert werden, wie der Umgang mit Genoss*innen ist, die übergriffig werden und wie wir diejenigen unterstützen, die durch Übergriffe betroffen sind. Und diese Diskussion muss geführt werden, bevor Übergriffe passieren. Unsere Tür (und alles was damit zusammenhängt) ist offen für die Selbsthilfe/Unterstützung von Betroffenen.

Mit den Outcalls ist uns schmerzhaft bewusst geworden, dass es in Thüringen an Unterstützungsstrukturen für Betroffene aus der linken Szene heraus fehlt. Auch das muss bearbeitet werden (und wird es von einigen bereits).
Und nicht zuletzt muss die politische Organisierung von FLINTA* gestärkt werden. Ob es der Infoladen mit seinen aktuell Aktiven schafft, zum Beispiel eine FLINTA*-Öffnungszeit zu stemmen, wissen wir noch nicht. Fühlt euch aber bitte angesprochen, wenn es heißt: bei uns könnt ihr undogmatische linke Politik und Subkultur machen. Der Laden ist zwar klein, aber vollgestopft mit Wissen und Möglichkeiten.

Nochmal anders: Wir leben in patriarchalen kapitalistischen Verhältnissen. Darin sind Diskriminierung, Unterdrückung und/oder Verfolgung an der Tagesordnung. Diese richten sich häufig in Form von Gewalt gegen Frauen und gegen Menschen, die sich nicht in eine heterosexuelle oder cis-geschlechtliche Schublade stecken lassen (wollen). Gegen diese Verhältnisse richtet sich unsere Politik. Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst verschieden sein können. Mit den Outcalls aus Jena und Saalfeld, aber auch denen aus Erfurt und Gotha letztes Jahr ist mal wieder überdeutlich geworden, dass auch Antifaschist*innen Gewalt und sexistisches Verhalten ausüben. Manches davon haben Leute mitbekommen, ohne einzugreifen, anderes lief unterm Radar. So darf es nicht weitergehen. Innerhalb der Szene muss selbstkritisch reflektiert werden. Es muss antisexistisch aufgeklärt werden. Es müssen Strukturen geschaffen werden, an die sich betroffene Genoss*innen wenden können und die politische Organisierung von FLINTA-Genoss*innen muss unterstützt werden. Dafür steht der Infoladen zur Verfügung. Denn für die dort Aktiven ist klar: Wir sind an der Seite der Betroffenen.

Infoladen Jena
(infoladenjena@riseup.net)

FAU Jena aus Corona-Schlaf erwacht

Nachdem die Coronazahlen momentan in Jena sehr gering sind, werden wir unsere Sprechstunde wieder in Präsenz abhalten. Wie gehabt jeden Dienstag von 18 bis 19 Uhr in unseren Gewerkschaftslokal in der Bachstr. 22. Außerdem bieten wir auch unseres offenes Lokal wieder an, wo allgemeine Fragen zur FAU beantwortet werden können, ein Blick in unsere Bibliothek […]

Demonstration gegen Repression am 3. Juli um 15 Uhr in Jena

(erstveröffentlicht bei Libertad Media) In den vergangenen Monaten gab es in Jena politische Aktionen, die sich gegen Gentrifizierung, die geplanten Sozialkürzungen, hohe Polizeipräsenz und allgemein gegen die neoliberale Stadtpolitik richteten. Die linken Aktivist*innen stehen für eine solidarische Stadt ein. Dabei gingen auch ein paar Scheiben zu Bruch. Politik und Polizei skandalisieren und dramatisieren diese Aktionen, […]

Lirabelle #25

Pünktlich zum Jahrestag von Weimar im April informiert die Stadtverwaltung von Weimar über Facebook darüber, dass die „spürbar zunehmenden Beschmierungen von privaten und öffentlichen Gebäuden [.] am vergangenen Wochenende einen weiteren Tiefpunkt erreicht[e].“
Hintergrund der Empörung sind auf dem Wittums-Palais, einem UNESCO-Welterbegebäude, mit Sprühfarbe angebrachte Schriftzüge. In der Berichterstattung wird auch Bürgermeister und Ordnungsdezernent Ralf Kirsten zitiert. Er lässt verlauten: „Ich bitte die Bürgerinnen und Bürger, uns dabei zu unterstützen und nicht tatenlos zuzusehen, wie einige Wenige unsere schöne Stadt beschmutzen und verschandeln.“ Der, der hier Bürger*innen auffordert gegen Menschen, die der Sachbeschädigung verdächtig sind, zur Tat zu schreiten, war bis vor Kurzem noch Polizeichef von Weimar. Zuletzt im Mai 2020 in die bundesweiten Schlagzeilen geraten ist er, als bekannt wurde, dass Polizisten unter seiner Führung im Jahr 2017 eine Frau bei einer Durchsuchung in ihrer Wohnung bedrängten und sexuell belästigten. Auch ein weiterer Fall fand während seiner Amtszeit statt (siehe News „Bulle zu Haftstrafe verurteilt“).
In seinen Verantwortungsbereich fallen auch die Ereignisse vom April 2012, die unter dem Schlagwort Weimar im April bekannt wurden. In der Nacht vom 19. zum 20. April wurden damals vier Jugendliche in Gewahrsam genommen. Den Beamten schutzlos ausgeliefert wurden sie sexistisch und rassistisch gedemütigt und teils schwer misshandelt. Sie erstatteten Anzeigen und fanden sich wenig später selbst auf der Anklagebank eines Gerichts wieder.
Kein Vergeben, kein Vergessen: http://wia.blogsport.de

Wenn in Zusammenhang mit den Sprühereien am Wittums-Palais also etwas stinkt, dann dass es ausgerechnet Kirsten ist, der sich in aller Öffentlichkeit über den von ihm gewünschten Umgang mit Sprüher*innen äußert.

Der Wahnsinn um Ordnung und Sauberkeit in der deutschen Kulturstadt Weimar im Zusammenhang mit der Kriminalisierung antifaschistischer Aktionen bringt die Einsendung auf der Rückseite auf den Punkt.

Free Lina! Wir sind alle linX! Feminismus und Antifa gehören zusammen!

Die Redaktion der Lirabelle 25

Vedisch-Energetische Reflexzonenbiopsychotherapie®

In den 1970er-Jahren war klar: Wer sich mit New Age beschäftigt, fährt nach Indien zum Guru. Oder will das zumindest. Das hat dem Guru einiges Einkommen eingebracht, unvergessen Osho, der Bhagwan, der vom Geld seiner Anhänger*innen – darunter große Geister wie Peter Sloterdijk und Nena – eine Flotte von 93 Rolls-Royce anschaffen konnte. Nun hat sich der Zeitgeist gewandelt: Wer hat noch die Muße, eine dreimonatige Auszeit zu nehmen, um sich mit dem Campingbus auf den Weg nach Poona zu machen, um dort Erleuchtung zu tanken? Niemand. Heute kauft man spirituelle Selbstoptimierung bei der freundlichen Esoterik-Praxis um die Ecke. Die hält ein breites Angebot vor: Biodynamische Resonanztherapie®, Metabolische Meditation®, Polyplastischer Schamanismus®, geschnitten oder am Stück. Und täglich entstehen neue Angebote. Das ® zeigt an, dass der Begriff als Marke eingetragen ist und nicht von allen Dahergelaufenen genutzt werden kann. Um also Energetische Metahypnose® oder Ariosophische Introspektion® verkaufen zu dürfen, muss man sich an die Markeninhaber*innen wenden. Die wiederum wären schön blöd, würden sie allen Kleinstadtesoteriker*innen einzeln Kristalline Nanolevitation® beibringen. Deswegen funktioniert die Wissensweitergabe heutzutage mehrstufig: Um in Erfurt Geomantische Psychologie® oder Telurisches Yoga® anbieten zu können, muss man erst mal die Level-1-Schulung machen (550,00€ zuzüglich MwSt). Um wiederum selbst die Level-1-Schulung in Neoagnostischer Physiosakraltherapie® anbieten zu dürfen, muss man natürlich die Level-2-Schulung machen. 2.480€ zuzüglich MwSt. Aber, man ahnt es, auch die Ausbilder müssen irgendwie qualifiziert werden, deswegen gibt es halt auch noch die Level-3-Schulung. Für 8.400€. Und so weiter. Wie bei allen Pyramidensystemen wandern dabei Waren (dubiose Zertifikate) die Pyramide nach unten, Geld nach oben. Und wie bei allen Pyramidensystemen funktioniert das Ganze nur so lange, wie es gelingt, neue Kund*innen zu finden. Und das ist nicht so einfach. Anders als Osho in der guten alten Zeit, verkauft die zeitgenössische Esoterik Individualität. Und die ist nicht gegeben, wenn jede*r Dritte beim Waldorf-Elternabend schon Thermodynamische Darmsanierung® oder Mikrobiotische Quantenimpedanz® gemacht hat. Deswegen ist das esoterische Kleinunternehmer*innentum finanziell gesehen ein Glücksspiel: Kann ich die Omnipotente Selbstwirksamkeit® an genügend Endkund*innen verkaufen? Wird die Gastrointestinale Lepidopteraphilie® im Frühling ein Renner, sodass es lohnt, schnell noch den Aufbaukurs zu machen? Werde ich mit Achtsamer Skatologie® endlich reich werden? Dass die meisten Anbieter von Magnetischer Bioelektronentherapie® ihre Dienste auf der Pinnwand im Bio-Discounter anbieten und es bisher absolut niemand geschafft hat, von Vedisch-Energetischer Reflexzonenbiopsychotherapie® einen Rolls-Royce zu finanzieren, spricht dagegen.

Sonderangebot für Leser*innen: nur 549,-

Rätsel

Repressionsschnipsel und #freelina

10.3.21, Jena: Freiheit für Lina!
Die GG/BO-Soligruppe Jena veröffentlicht eine Solidaritätserklärung für die seit November 2020 inhaftierte Lina – getragen von zahlreichen Thüringer Gruppen. Die Generalbundesanwaltschaft wirft ihr und weiteren vor, Teil einer kriminellen Vereinigung zu sein, die sich an der Schwelle zum Terror bewege. Dabei geht es vor allem um zwei Angriffe auf eine Eisenacher Neonazi-Kneipe und ihren Betreiber Leon Ringel Ende 2019. Weitere Infos: https://freiheitfuerlina.noblogs.org

15.3.21, Jena: Solidarischer Umgang mit Repression nach Scherbendemos
Die Rote Hilfe Ortsgruppe Jena rechnet nochmals mit einer Zunahme von Repression nach der Sponti am 13.3. In Folge der Aktion am 11.11.20 werden von den Bullen Vorladungen zur DNA-Entnahme verschickt. Niemand muss zu den Cops, wenn dies nicht richterlich oder durch die Staatsanwaltschaft angeordnet wurde. Laut Innenministerium wurde eine Sonderkommission mit 14 Cops eingesetzt. Nehmt die Sache ernst, beratet euch mit der Roten Hilfe, seid verantwortungsbewusst, räumt eure Zimmer auf und bleibt aktiv!

18.03.21: Wir sind alle 129a – Antifa verteidigen!
Zum Tag der politischen Gefangenen erscheint die website https://wwww.129antifa.net und informiert über mehrere aktuelle Strukturermittlungsverfahren der Soko Linx und der Generalbundesanwaltschaft. Konsequenter Antifaschismus wird kriminalisiert, Inhaftierungen haben stattgefunden und drohen. Die Repressionswelle richtet sich u.a. gegen Menschen in Hamburg, Frankfurt, Berlin, Weimar und Stuttgart. Klarer Appell: „Organisiert euch gegen Repression und Faschismus!“

Wo ich auch nach Corona auf keinen Fall einkaufen werde

wo ich...

Einige Gewerbetreibende machen gerade mit grossflächigen Aushängen darauf aufmerksam, dass ihre Gewinnmargen wichtiger sind als der Infektionsschutz. Wer misanthroph ist, mag sich darüber freuen, dass die Kampagne dem Virus dabei hilft, das neoliberale Pack, dass den Profit über alles stellt, hinweg zu raffen. Ich sehe das nicht ganz so. Sind ja auch die Angestellten, die sich am Ende anstecken. Trotzdem weiß ich, wo ich auch nach der Pandemie auf keinen Fall einkaufen werde: Bei Nobel-Boutiquen, esoterischen Wellness-Buden, Läden für Lifestyle-Accessoires und sonstigen Anbietern von überteuertem Quatsch für tatsächliche oder eingebildete Eliten, die „Schluss mit dem Lockdown“ fordern.

Kann ich in Ihrem Abteil Pause machen?

Weil das Leben doch kein Ponyhof ist, berichtet Beta heute von einer grenzüberschreitenden Anmache, auf die sie lieber verzichtet hätte – auch wenn der Bio-Tee lecker war.

Ich freue mich riesig auf meine Fahrt mit dem Nachtzug der ÖBB von Rom nach München. Das ist doch die einzig wahre Art zu reisen: stehend am offenen Zugfenster, die Haare flattern lassen und die Landschaft bewundern. Ich gehe den Gang im Zug entlang und finde mein Schlafabteil. Es ist leer. Ich freue mich, dass ich es noch allein für mich habe. Ein netter Zugbegleiter kontrolliert mein Ticket und meinen Ausweis. Ein Kollege kommt dazu und macht einen unnötigen Kommentar, der lustig sein soll, es aber nicht ist. Der Nette macht weiter seine Arbeit und versucht seinen Kollegen nicht zu beachten. Er informiert mich darüber, dass zwei Stationen später noch eine weitere Frau in mein Abteil kommen wird. Ich ärgere mich ein bisschen ob der verlorenen schönen Einsamkeit.

Ich richte mich ein und wuchte meinen Reiserucksack auf das oberste Bett. Gerade in diesem Moment läuft der zweite Zugbegleiter an meinem Abteil vorbei und macht einen schlechten Witz zum Thema, dass ich ja so stark sei. (Es ist nicht das erste Mal, dass mir Leute im Zug bewundernd zunicken, weil ich einen schweren Koffer in die obere Gepäckablage schiebe.) Er sagt noch etwas, um ein Gespräch in Gang zu bringen und überschreitet damit die Grenze des professionellen Abstands zu Passagier*innen. Ich finde ihn nervig und entgegne nichts. Also geht er unverrichteter Dinge.

Nachdem ich es mir gemütlich gemacht habe, verlasse ich mein Abteil, um auf die Toilette zu gehen und schließe dafür meine Abteiltür. Als ich zurück komme, geht sie nicht mehr auf. Mist. Ich gehe zu dem netten Zugbegleiter und er schließt sie mir wieder auf. Man dürfe die Tür nicht von außen zu machen, sonst bekomme man sie nicht mehr auf, erklärt er mir. Einen Schlüssel für die Fahrgäste gäbe es nicht. Aber zur Sicherheit hätten alle Zugbegleiter den Schlüssel zu allen Türen. Aha. Nagut. Er fragt, ob die andere Frau schon gekommen sei und wundert sich, wo sie abgeblieben ist. Ich freue mich, dass ich das Abteil nun doch für mich habe. Er fragt mich, was ich zum Frühstück essen möchte. Ich wähle schwarzen Tee, Käse und Marmelade.

Ich packe mein Buch aus, lege mich auf das Bett und genieße das Schaukeln des fahrenden Zuges. Es klopft. Ich mache auf und der nervige Zugbegleiter fragt auch nochmal, ob die zweite Passagierin gekommen sei. Ich wiederhole, dass sie nicht hier ist und finde ihn langsam ziemlich unangenehm.

Danach ziehe ich mein Schlafzeug an, lege mich ins Bett und lese weiter. Ein paar Minuten später klopft es wieder. Ich überlege, ob ich mir schnell eine andere Hose anziehe oder wenigstens einen Pullover drüber ziehe, aber dafür bleibt mir keine Zeit. Ich mache also dünn bekleidet die Tür auf, was mir etwas unangenehm ist. Da steht schon wieder der überflüssige Zugbegleiter und erklärt, dass im Mitarbeiterabteil so wenig Platz sei und fragt, ob er in meinem Abteil ein bisschen Pause machen könne. Mein Brustkorb zieht sich nervös zusammen. Ich sage „Nein, das ist nicht okay. Die Tür ist zu.“ und schließe die Tür vor seiner Nase. Scheiße. Ich stehe da und fühle mich auf einmal total unsicher in meinem Abteil und wünsche mir, dass die andere Frau doch gekommen wäre. Ich überlege fieberhaft, was ich nun tun sollte. Ich befürchte, dass er jeden Moment wieder klopfen könnte. Ich möchte die Tür abschließen, aber denke an den Schlüssel, den alle Zugbegleiter haben, mit dem sie alle Türen öffnen können. Es ist also total sinnlos, die Tür abzuschließen. Ich lege mich ins Bett, überlege weiter und schiele immer wieder auf die Tür. Schließt er sie gleich auf? Soll ich zu dem netten Zugbegleiter gehen? Aber was soll ich ihm sagen, im Schlafzeug? Und so richtig ist ja auch nichts passiert? Was, wenn sie alle unter eine Decke stecken? Auf einmal ist mein Abteil kein gemütlicher, abgeschlossener Raum mehr, in dem ich in den Schlaf geschunkelt werde. An Schlaf ist in dem nun gefühlt offenen Abteil nicht mehr zu denken. Ich möchte die ganze Nacht wach bleiben, um auf mich aufzupassen. Da höre ich Stimmen auf dem Flur, auch eine Frauenstimme. Die Tür wird geöffnet und da kommt sie doch, die zweite Passagierin. Sie ist am falschen Ende des Zuges eingestiegen und nun mit ihrem Gepäck durch den gesamten Zug geirrt. Ich bin heilfroh, dass sie da ist. Wir erzählen ein bisschen und ich kann nun doch beruhigt einschlafen.

Am nächsten Morgen ist Gewusel auf dem Gang, weil das Frühstück verteilt wird. Meine Nachbarin öffnet die Abteiltür. Ich schiele auf den Gang und hoffe, dass der nette und nicht der nervige Kollege das Frühstück verteilt und habe Glück. Der Nette bringt uns beiden Frühstück. Mit dem schwarzen Tee in der Hand steigt meine Laune. Als wir schon längst fertig mit dem Essen sind, kommt der Nervige doch nochmal zu unserem Abteil und fragt mich überflüssigerweise, ob ich mein Frühstück bekommen hätte. „Ja“ entgegne ich und er geht. Meine Laune ist wieder im Keller. Da erzähle ich meiner Nachbarin, was am Abend zuvor passiert ist. Ihr die Situation zu schildern hilft mir, mich zu beruhigen. Sie findet es natürlich unmöglich von ihm.

In München angekommen, steige ich in den nächsten Zug um, packe meinen Laptop aus und schreibe gleich eine Beschwerdemail an die Österreichische Bundesbahn. #metoo ist gerade immer wieder in den Nachrichten – also Berichte von Frauen über kleine oder große Grenzüberschreitungen, sexualisierte Übergriffe im Alltag und in Situationen mit Machtgefällen. Daher hoffe ich, dass meine Beschwerde, auch wenn ich keinen körperlichen Schaden genommen habe, trotzdem auf offene Ohren stößt. In meiner E-Mail rege ich an, Strukturen zu schaffen, damit Menschen, die in eine ähnliche Lage geraten, Schutz erhalten. Gleich am nächsten Tag kommt eine betroffene Antwort. Sie sei als Mensch, und vor allem als Frau, fassungslos und habe meine Beschwerde gleich an die zuständige Fachabteilung weitergeleitet. Dann schreibt sie noch, dass ich in so einer Situation nie alleine sei und auch zur Not den ganzen Zug hätte zusammen schreien können oder die Polizei hätte rufen können. Super Tipp. Und sie möchte, auch wenn sie mein Erlebnis nicht ungeschehen machen kann, zumindest nachträglich ein positives Gefühl vermitteln und bietet an, mir eine Wohlfühlbox aus dem Hause „Sonnentor“ zu schicken – mit Tees und Gewürzen und anderen Leckereien aus biologischem Anbau.

Für solche Grenzüberschreitungen, zum Beispiel, wenn sie nicht körperlicher Art sind, gibt es noch keine guten Gegenstrategien. Schreien oder die Polizei rufen sind da sinnlos. Vielmehr hätte mir vielleicht eine weibliche Kollegin geholfen, zu der ich vielleicht gegangen wäre, oder das Wissen, dass ich im Bordrestaurant eine Person finde, der ich mich anvertrauen kann, der man so was erzählen kann. Ich hoffe, dass der Zugbegleiter zumindest eine Abmahnung oder ähnliches erhalten hat.

Die Wohlfühlbox lasse ich mir natürlich trotzdem zu schicken. In den nächsten Tagen erzähle ich allen meinen Freund*innen, warum ich Bio-Tee und Gewürze von der ÖBB geschenkt bekommen habe. Ab und zu entspinnen sich daraus Gespräche über unangenehme Situationen und Übergriffe, die sie erlebt haben. Darüber sprechen – das ist der erste Schritt.

Bild vom digitalen Pubquiz

Pubquiz

Die Bilder zeigen die Ergebnisse auf die folgende Aufgabenstellung des Pubquiz‘ vom Veto 2021:

„Ihr seid frustriert von Covid-19, keine Lösung in Sicht, nur Irre überall. Nur Zuhause zu sein und Youtube-Videos zu schauen hat euch nicht gut getan. Ihr haltet Merkel für die vernünftigste politische Person (sie hat die Krise im Griff!) und seid enttäuscht von der Ohnmacht der Linken.Ihr nehmt an einer Demonstration teil mit dem Titel: Ex-Linke für den Kapitalismus. Was steht auf eurem Demo-Transpi?“

Arsen im Salzstreuer

Kira Strolch und Karl Meyerbeer besprechen einen Sammelband, der Texte aus der feministischen Zeitschrift „Die Schwarze Botin“ aus den Jahren 1976-1980 wieder veröffentlicht.

KM: Ich kann einleitend sagen, dass ich mich wenig qualifiziert sehe, dieses Buch zu besprechen. Zum einen als Cis-Mann, zum anderen, weil mir bestimmtes Wissen fehlt: Vor allem über Kunst und Ästhetik, aber auch bei vielen theoretischen Bezügen. Da wird kritische Theorie, Psychoanalyse und Poststrukturalismus hoch und runter diskutiert. Ich habe schon eine Ahnung, dass es sich um interessante Texte handelt. Viele sind aber so voraussetzungsreich, dass ich das Buch nicht alleine besprechen wollte. Was mir sehr gut an der Zeitschrift Die Schwarze Botin gefällt, ist, dass es Streit um verschiedene Strömungen des Feminismus gab. Die meisten Autorinnen grenzen sich sowohl vom bürgerlichen als auch vom sozialistischen Feminismus ab und streiten für einen Feminismus, der zuallererst Patriarchat und Geschlechterverhältnisse, aber auch Kapitalismus und Klassenverhältnisse radikal kritisiert und dagegen handlungsfähig wird. Ich sehe aber auch teilweise eine elitäre Haltung. Die wird in der Abgrenzung zur EMMA besonders deutlich: Der wird vorgeworfen, ihre Zielgruppe bestünde aus „Frauen in Leichtlohngruppen (Anm.: schlecht bezahlte Fabrikarbeiterinnen), Büroteilzeitkräften und Stripteasetänzerinnen“. Die Schwarzen Botin war dem entgegen eine Zeitschrift von und für Leute, die bei Adorno und Heidegger studiert haben. Das will ich gar antiintellektualistisch abwatschen. Wenn das aber mit einer Verachtung fürs Proletariat und das Kleinbürgertum einhergeht, beißt sich das m.E. mit dem feministischen und antikapitalistischen Anspruch.

KS: Ich lese da viel berechtigte Kritik an einer Wendung des 2.-Welle-Feminismus hin zu Institutionalisierung. Damals ist der Feminismus in die Unis, in Politik und andere Institutionen eingezogen und hat sich durch seine Institutionalisierung verbürgerlicht. Bei der Kritik an EMMA wiederum geht es – wie ich das lese – nicht darum, sich über bestimmte, nicht an Adorno und Heidegger geschulte Frauen zu stellen oder lustig zu machen, sondern darum, dass EMMA es sich zur Aufgabe gemacht hat mit der Bearbeitung sogenannter frauenspezifischer Probleme „alle Frauen … gleichermaßen zufrieden zu stellen“, in der nicht einmal mehr der Anspruch auf Kritik oder Verbesserung der (objektiven) Lebensbedingung von Frauen zu finden ist. Das steht dem Anliegen der Schwarzen Botin total entgegen, die nämlich – und das finde ich überaus sympathisch – formuliert, dass sie allen Zeitschriften entgegen steht, die Frauen als dumm verkaufen wollen und sich das dann auch noch bezahlen lassen. In der Zeitschrift gibt es (bis auf eine Ausnahme) z.B. keine Rezensionen zu Filmen, was daran liegt, dass Filme nicht dazu neigen, dem Alltag von Frauen zu verbessern, sondern ihm zu entfliehen (so wird es zumindest im, dem Buch hintangestellten Überblickstext, spannend zusammengefasst). Sie steht einem Zufrieden-Seins entgegen, dass Versöhnlichkeit mit den Verhältnissen stiftet.

„Die Radikalisierung der Frauen wird kein akademische Prozess sein sondern einer des konkreten Zorns und der Aneignung eigener Bereiche“

KM: Ähnlich wie beim Bezug auf den Feminismus wird deutlich, dass die harsche Kritik an der Linken – vor allem an Versuchen linker Männer, dem Feminismus für den Klassenkampf zu vereinnahmen – aus einer entschieden linken Position vorgebracht wird. Das sieht man beispielsweise in vielen Texten, die sich mit der Politik der RAF und der bürgerlichen Panik über die „übertriebene“, d.h. angeblich aus dem Ruder gelaufenen, Emanzipation von Frauen auseinandersetzen, aber auch in den „Gedanken über mögliche Formen feministischer Anarchie“ von Gabriele Goettle:

„Ziel des Feminismus muss die Vernichtung kapitalistischer Produktionsformen sein. Ein Schritt dahin ist die Aufkündigung der Familie, der heterosexuellen Beziehung, und das ist ein gewaltiger Schritt, denn die Versorgung der Haushalte, des Reproduktionsbereichs, der gesamte Konsum, den die Familie mit sich bringt, fielen aus. Das wäre ein empfindlich verletzender Angriff auf die Funktion der Wirtschaft, von der Moral gar nicht zu reden. […] Die Radikalisierung der Frauen wird kein akademische Prozess sein sondern einer des konkreten Zorns und der Aneignung eigener Bereiche.“

Es geht um Zorn. Der zweiten Frauenbewegung wird vorgeworfen, dass sie eine defensive weibliche Emotionalität positiv bewertet, eine ergänzende männliche Rationalität negativ. Dem entgegen sollen Frauen gemeinsam lernen, ihr Handlungsspektrum zu erweitern und Kritik und Aggression artikulieren.

KS: In Abgrenzung von Gefühlsduselei, Emotionalität, Selbstbeschau sehe ich auch eine Kritik an einer vermeintlichen Authentizität von Weiblichkeit und damit einhergehend eine Vorstellung von Weiblichkeit als das Bessere. Mit einer solchen Vorstellung wird verkannt, dass die Dualität von Weiblichkeit und Männlichkeit ebenso wie die Dualität von Emotionalität und Rationalität einander bedingen und nicht das eine dem anderen unabhängig davon gegenübergestellt werden kann, sondern, dass wenn man sich auf die weibliche Emotionalität beruft, dann unter dem Ausschluss der Rationalität. Also während es klassisch männlich ist, Emotionalität von sich abzuspalten und rational zu agieren (was in der Sphäre der Öffentlichkeit ja auch nötig ist) verhält es sich beim weiblichen umgekehrt genauso. Wenn man sich positiv darauf beruht, erteilt man dem Denken und auch der Kritik gesellschaftlicher (Geschlechter-)Verhältnisse eine Absage.

„Mit einer historischen Einleitung und einem literaturwissenschaftlichen Nachwort“

KS: Herausgegeben und eingeleitet wird die Textsammlung von Vojin Saša Vukadinović. Er hat auch den Band Freiheit ist keine Metapher herausgeben. Da habe ich gerade nochmal in die Einführung geschaut und mich ein bisschen geärgert. Neben der Trivialisierung von Rassismus und eine in Form des Antizionismus vollzogene Bejahung des Antisemitismus beschreibt er da das Herabsinken wissenschaftlicher Standards als Ausdruck des Verfalls des Denkens und Kapitulation vor der Wirklichkeit. Darüber hinaus ist als (feministisches) Anliegen formuliert, dass Geschlechterforschung endlich wieder Ergebnisse liefern müsse. Daraus spricht das Interesse, Feminismus für den akademischen Betrieb fruchtbar zu machen. Wissenschaft gilt als Hort der Vernunft, vorausgesetzt man hat das richtige zitieren gelernt! Ich habe den Eindruck, dass er da einen wichtigen Teil der Dialektik von Aufklärung verkennt, der in der Schwarzen Botin aber durchaus Thema ist: Im Text über weibliche Sprache von Rita Bischof z.B. kommt deutlich raus, dass Logik nach dem Prinzip der Subordination funktioniert und Sprache zur Vereinheitlichung zwingt. Beides sind Instrumente der Vernunft, aber damit gleichzeitig auch Herrschaftsinstrumente. Und das trifft auf den akademischen Betrieb ja ebenso zu.

KM: An anderer Stelle konnte man kürzlich lesen, dass Vukadinović besorgt ist, seine Meinungsfreiheit zu verlieren, weil der heutige Antirassismus und Feminismus so drakonisch gegen Gegner*innen vorgeht. Ein Glück, dass er noch ein Buch bei einem sehr renommierten Verlag untergebracht hat, bevor die bösen Feministinnen ihn canceln konnten. Kleiner Scherz. Aber daran anknüpfend habe ich den Eindruck, dass in der Einleitung der Diss der zweiten Frauenbewegung und im Nachwort die literarischen Qualitäten der Schwarzen Botin im Vordergrund stehen, während der Streit für einen konsequenten und antikapitalistischen Feminismus eher als Zeitgeistphänomen – als Abarbeiten an der 1968er-Revolte – abgetan wird.

„Nichts ist leichter als die Dummheit zum goldenen Mittelmaß zu erheben, mit dem alle gleichermaßen zufrieden sein dürfen.“

KS: Es gibt ja kein gemeinsames Selbstverständnis in den Heften. Es sind Texte unterschiedlicher Theorieströmungen, die da z.T. einfach nebeneinander stehen, ohne Kontextualisierung. Der Text „Schleim oder nicht Schleim, das ist hier die Frage“ von der Herausgeberin Gabriele Goettele wird als sehr grundlegend für die Zeitschrift betrachtet, weil er in der ersten Ausgabe erschien und auch im Buch ist er sehr weit vorne mit vertreten. Für das Buch, das ja auch eine Sortierung nach Themenbereichen vornimmt, hätte ich mir schon ein bisschen Kontextualisierung gewünscht. Die Texte wurden damals innerhalb Zeitgeschehen veröffentlicht und wenn man sie jetzt 30 Jahre später ließt und die Ereignisse nicht mehr präsent hat, wäre etwas mehr Hintergrundinformation (als der einleitende Text) nicht schlecht. Darüber hinaus würde ich auch sagen, dass die Texte sehr voraussetzungsvoll sind. Aber das ist auch Programm: eine Absage an mittelmäßiges Denken, kein Einfallstor für Missverständlich zu Gunsten der Verständlichkeit, Ausdruck von Unversöhnlichkeit, „Entlarvung des falschen und schädlichen Denkens“… Wenn ich dann z.B. in der Rezension im Buch lese, wieviel Inhalt über die Form vermittelt wird, dann finde ich das übelst spannend, auch wenn ich vieles davon sicher von selbst nicht erkannt hätte.

KM: Ich habe Gabriele Goettle so verstanden, dass der Verzicht auf Karriere und Anerkennung im etablierten Betrieb Bedingung dafür ist, den Geist für radikale Kritik offen zu halten. Wobei die meisten Autorinnen sich das vermutlich auch leisten konnten, weil sie aus einem großbürgerlichen Milieu kamen, wo man sowohl das Geld als auch die Selbstsicherheit hat, sich für einen antibürgerlichen Lebensstil zu entscheiden. Womit ich keinesfalls nahelegen will, dass es verwerflich ist, diese Privilegien – wenn man das so nennen will – genau dafür zu nutzen.

„Zeitschrift für die Wenigen“?

KS: Als Szenezeitung hatte die schwarze Botin einen sehr geringen Wirkungskreis. Über 10 Jahre hinweg sind insgesamt 33 Ausgaben erschienen, die nie mehr als eine Auflage von 3000 Stück hatten. Aber das widerspiegelt ja auch eine gewisse Grundhaltung der Herausgeberinnen, die ja gegen Institutionalisierung polemisieren und sich nicht im akademischen Betrieb anbiedern, sondern radikale Gesellschaftskritik üben. Und die hat bekanntlich leider einen eher geringeren Wirkungskreis. Auch das Buch wird nicht nur wegen des Preises von fast 40€ wohl kein Kassenschlager werden. Wer aber bereit ist sich darauf einzulassen, „alte Lese- und Denkgewohnheiten abzustreifen“, dem sei das Buch wärmstens zur Lektüre empfohlen.


Die Schwarze Botin – Ästhetik, Kritik,
Polemik, Satire 1976-1980.
Herausgegeben von Vojin Saša Vukadinović
512 Seiten, 36 €
Wallstein (Göttingen)