13. Juni – Kneipenabend im Lokal
ThürHG – neoliberale Konfliktverwaltung statt tatsächlicher Änderung von Machtverhältnissen
Vortrag & Tagesseminar mit La Banda Vaga “Islamismus als Krisenreaktion”
Vortrag: 8. Juni 2018, 19 Uhr, im HS 7
Seminar: 9. Juni 2018, 10:00-17:30, im DJR (Seidelstr. 21)
Der Islamismus ist ohne Frage eines der zentralen Themen der Gegenwart. Allzu oft wird der Islamismus dabei jedoch als archaische, also vormoderne Erscheinung abgetan. Dabei sehen wir in den gegenwärtigen Islamistischen Gruppen und Gangs ein Phänomen der kapitalistischen Krise: “Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte vom Islamismus schweigen!” Der moderne Islamismus entstand im Umfeld und als Reaktion zu der Weltwirtschaftskrise von 1929. Er ist auch aktuell eine reaktionäre Antwort auf die Krise, der gegen die Moderne, die Aufklärung und auch alle linken Ideen als vermeintliche Ursache der Krisen vorgeht.
Vortrag und Tagesseminar können unabhängig voneinander besucht werden.
Teilnahmebeitrag für das Tagesseminar: 3€
Zur Teilnahme am Tagesseminar Anmeldung bis 7.Juni an info@falken-jena.de
Endlich wieder ein SALONKOMMUNISMUS: „Talkin‘ ’bout a Revolution“
Proteste gegen Stammtisch der AfD: Erste Demonstration in Wöllnitz
Jena. 60 Antifaschist*Innen haben am vergangenen Montag (29. Mai 2018) spontan gegen einen Stammtisch der AfD in Wöllnitz (Jena) demonstriert. Nachdem der Stammtisch etwa vier Stunden vor der Demonstration bekannt wurde, fanden sich in dem Randbezirk der Stadt etwa 60, zumeist sehr junge, Aktivist*Innen ein. Unter dem Motto: „Rechte Hetze nicht unwidersprochen lassen“ wurde am Nachmittag eine Eilversammlung angemeldet.
Die AfD traf sich in der lokalen Dorfkneipe „Talschänke“ zu ihrem hetzerischen Treffen, bei dem Stephan Brandner als Redner auftrat. Mittlerweile ist Brandner Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bundestages und selbst nach konservativen Medien ein „rechter Pöbler“ (Süddeutsche). Die Zeit zitiert ihn unter anderem mit: „Eine syrische Familie, so hatte er bemerkt, sei für ihn ‚Vater, Mutter und zwei Ziegen‘. Über Merkel hatte er gesagt: ‘Anklagen. Einknasten. So‘. Und über Antifa-Demonstranten hatte er dargelegt: ‚die seien Ergebnis von Inzucht und Sodomie‘“ (Zeit).
Die Antifaschist*innen demonstrierten direkt vor dem Eingang der „Talschänke“ und begrüßten alle AfD-Anhänger lautstark. Zu größeren Auseinandersetzungen kam es nicht, obwohl die Polizei keinerlei Trennung vollzog. Allerdings kam es durch den Zulauf der AfD-Gäste direkt durch die Kundgebung, zu kleineren Auseinandersetzungen. So fuhr beispielsweise ein Besucher der Hetz-Veranstaltung mit einem Fahrrad eine Antifaschistin mit Absicht an. Die Cops reagierten darauf durch zurückdrängen der Antifaschist*Innen und ließen den Fahrradfahrer in Ruhe sein Fahrrad abstellen, ohne die Personalien aufzunehmen.
Nachdem die Rechtsradikalen ihren Stammtisch beendet hatten, wurde die kritische Begleitung beendet. Eine kraftvolle spontane Demonstration zog durch Wöllnitz zurück in die Stadt. Auf dem Weg durch das Dorf gab es Applaus von Seiten der Bewohner*Innen und sogar Getränkespenden. Auf der Hängebrücke wurde außerdem noch ein Foto mit Transparenten und Konfetti gefertigt. Nach Angaben der Versammlungsbehörde war es die erste Demonstration im Ort Wöllnitz.
Die Cops waren mit starken Kräften vor Ort und führten sowohl Vorkontrollen auf dem direkten Weg ins Dorf, als auch Aufklärungsarbeit in der Innenstadt durch. Auch nach Abschluss aller Aktionen waren sie mit einem massiven Aufgebot an Raumschutzkräften im gesamten Innenstadtbereich aktiv.
Die Aktion kann in Anbetracht der sehr kurzen Mobilisierung als Erfolg gewertet werden. Die hetzerischen Auftritte dieser rechtsradikalen Partei dürfen nicht Unwidersprochen bleiben: Nicht in der Innenstadt und nicht in den Dörfern um die Stadt.
Die „Talschänke“ ist einer der letzten Orte, an denen sich die AfD in Jena sicher fühlt. Wer dem gastgebenden Wirt seine Meinung sagen will, findet hier die entsprechenden Kontaktdaten: http://www.talschaenke-woellnitz.de/index.php/impressum.
Nach unseren Informationen war dies bereits der 3. Stammtisch der AfD, in der „Talschänke“. Laut Angaben solidarischer Dorfbewohner*Innen wird es auch nicht der Letzte sein.
Organisiert euch! Sagt anderen Bescheid, wenn die Rechtsradikalen Treffen oder Veranstaltungen planen. Machen wir Jena und das Umland zu einen Desaster für die AfD!
Openposting: Autor Anonym
Veranstaltungsreihe “Für eine feministische Praxis!”
Am 16. Juni in Annaberg-Buchholz unter dem Motto „Leben schützen: Abtreibung legalisieren!“ für reproduktive Rechte auf die Straße gehen! Hier gibts den Demoaufruf: schweigemarsch-stoppen.de/aufruf
…und bis dahin unsere Veranstaltungsreihe besuchen! Auf den Veranstaltungen werden auch Tickets für die Busanreise zur Demo verkauft.
Technologie. Reproduktion. Reprorevolution? mit Kirsten Achtelik
22. Mai 2018 | 19:30 Uhr
Hörsaal 7, Carl-Zeiss-Str. 3
Medizin und Pharmakologie eröffnen heute neue Möglichkeiten für eine Reproduktion der menschlichen Gattung, die sich von der Natur als „Schicksal“ lösen kann. Ebenso offenbart sich Zweigeschlechtlichkeit damit als ein immer sozial wie technisch hergestelltes Konstrukt. Allerdings vollzieht sich diese Entwicklung unter den Bedingungen eines expandieren, globalen Marktes: Ein Outsourcing des Biologischen, z.B. durch Eizellenentnahme und Leihmutterschaft, an meist prekarisierten Frauen ist die Folge. Daher stellt sich die Frage: Warum ist es nicht möglich, den technologischen Fortschritt zu nutzen, um die Reproduktion kollektiv zu organisieren und das Patriarchat sowie das binäre Geschlechterverhältnis auf den Müllhaufen der Geschichte zu katapultieren?
Wir wollen diskutieren, wie Gen- und Reproduktionstechnologien die gegenwärtigen Machtverhältnisse reproduzieren und strukturieren. Dabei drängt sich aber auch die Frage nach ihrem revolutionären Potenzial auf: Warum ziehen wir in Hausprojekte oder verhandeln unsere Berufswahl politisch, fangen aber nicht im Hier und Jetzt an durch die Entkopplung von genetischen Zugehörigkeiten, Fragen der Beziehung, Erziehung und der Familie neu zu diskutieren? Warum bringen wir neue Reproduktionstechnologien nicht als Waffe gegen die bürgerliche Kleinfamilie in Anschlag?
Kirsten Achtelik ist Diplom-Sozialwissenschaftlerin und lebt als freie Journalistin und Autorin in Berlin. Sie arbeitet zu feministischer Theorie und Bewegungen in Verbindung mit der Behindertenbewegung und einer Kritik der Gen- und Reproduktionstechnologien. Außerdem recherchiert sie zur selbsternannten Lebensschutzbewegung (Abtreibungsgegnern).
„Maria, Christiane, Else, Karin, Lea, Lydia, Petra S., Petra W., und der § 218“ (D 2015)
29. Mai 2018 | 19:00 Uhr
Gewerkschaftslokal Milly Wittkop, Bachstr. 22
Essayfilm 2015, 74 Min
Seit 1871 steht der § 218 im deutschen Strafgesetzbuch. Kurz nach der Proklamation des deutschen Nationalstaats wurde auch das Reichsstrafgesetzbuch verkündet, das bis heute – mittlerweile als Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland – Geltung hat. § 218 bestimmt die Lebensrealität von Frauen*, die ungewollt oder ungeplant schwanger sind und kein Kind austragen wollen.
Je nach spezifischer Ausführung des Gesetzes, Lage der politischen Kämpfe gegen das Gesetz und dem ökonomischen und ideologischen Stand der Gesellschaft fällt diese Realität zu verschiedenen historischen Zeiten verschieden aus. In Interviews und literarischen Texten erzählt der Film vom Erleben des Schwangerschaftsabbruchs.
Die Erfahrungen unterscheiden sich nicht nur dem Jahr oder dem Jahrzehnt nach, sondern sind je nach Erzählerin ganz verschieden. Allem Erleben gemein ist: dem Wissen, was in der eigenen, historisch-spezifischen und persönlich-erlebten Situation das Richtige ist, steht ein Paragraph gegenüber. In großer Ruhe wird hier von dem, was tabuisiert war und ist, offen erzählt: der Abtreibung.
„Some Things Are Hard To Talk About“ (D 2015)
6. Juni 2018 | 19:00 Uhr
Kino am Markt, Markt 5
Als ich 24 bin, werde ich überraschend schwanger. Ich entscheide mich abzutreiben. Ich habe eine große Wunde und viele Fragen. Von meiner Mutter erfahre ich, dass auch sie abgetrieben hat. Niemand weiß davon. Und dann erzählt mir meine Großmutter zum ersten Mal ihre Abtreibungsgeschichte. Niemand wusste davon. Eine Offenbahrung über drei Generationen.
mit Unterstützung vom StuRa der Uni Jena
Die Feministische Geschichte vom §218 mit Katja Krolzik-Matthei
12. Juni 2018 | 19 Uhr
Hörsaal 7, Carl-Zeiss-Str. 3
Seit der strafrechtlichen Verankerung des Abtreibungsverbots im § 218 StGB gibt es feministischen Widerstand dagegen – Proteste für die Abschaffung des Paragraphen und für die Selbstbestimmung der Schwangeren. Der Vortrag beleuchtet die Entwicklungen dieser feministischen Kämpfe mit besonderem Fokus auf ihre – bis heute – ungelösten Konflikte. Das Problem mit der Selbstbestimmung gehört sicher dazu und macht sich nicht zuletzt an den Auseinandersetzungen um Pränataldiagnostik und reproduktionsmedizinische Möglichkeiten fest. Eine begriffliche Annäherung an “Selbstbestimmung” soll zur besseren Einordnung des Begriffs beitragen und zum Diskutieren und Nachdenken über (queer)feministische Positionierungen zu Abtreibung anregen.
„Vessel“ (USA 2014) mit Input einer Aktivistin aus Ecuador
13. Juni 2018 | 20:30 Uhr
Café Wagner, Wagnergasse 26
Vessel begins with a young doctor who lived by the sea, and an unlikely idea. Rebecca Gomperts, horrified by the realities created by anti-abortion law around the world, felt compelled to challenge this. Her method: to provide abortions on a ship in offshore waters.
Her project, Women on Waves, begins as flawed spectacle, a media frenzy, faced with governmental, religious, and military blockades. But with each setback comes a more refined mission, until Rebecca has the revelation that she can use new technologies to bypass law – and train women to give themselves safe abortions using WHO-sanctioned protocols with pills.
We witness the creation of an underground network of emboldened, informed activists, working at the cutting edge of global reproductive rights, who trust women to handle abortion themselves. Vessel is Rebecca’s story: one of a woman who heard and answered a calling, and transformed a wildly improbable idea into a global movement.
Eine Veranstaltung der Falken Jena im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Für eine feministische Praxis!” des Pro Choice-Bündnisses
Solidaritätswochen für die aufständischen Migrant_innen von Charmanli
Sofioter Soziales Zentrum „Fabrika Avtonomija“ sammelt Geld für neuen Raum
Vortrag am 1. Juni in Jena: Solidarität ist unsere Waffe! – free Sven
Professionelle Standards der Schulsozialarbeit in Bezug auf rassistische Diskriminierung und Gewalt
Veranstaltungsreihe für eine feministische Praxis
Kino im Infoladen: Sonita
Mittwoch, 6. Juni 2018, 20.00 Uhr
Die 18-jährige Afghanin Sonita lebt als illegale Migrantin im Iran. Ohne Papiere und somit ohne Rechte bleiben ihr viele Wege versperrt, doch Sonita will ihren großen Traum von einer Karriere als Rapperin nicht aufgeben. Sie schwärmt für Michael Jackson und Rihanna, schreibt eigene Songtexte und tritt vor den anderen Teenagern in der Teheraner Unterkunft auf. Die junge Frau hat Talent und mit diesem hofft sie, ihren Weg gehen zu können und das von ihrer Familie für sie vorgezeichnete Schicksal zu vermeiden. Denn Sonitas Eltern planen, ihre Tochter für 9.000 US-Dollar an einen unbekannten Ehemann zu verkaufen. Die junge Musikerin versucht, im Iran eine Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen und außerdem ihren Traum wahr werden zu lassen: Sie will in einem echten Musikstudio ein eigenes Album aufnehmen.
Unbezahlte Arbeit an der Universität Jena
Informations- und Interessiertenveranstaltung der FAU am 9. Mai in Gotha
Nach dem staatlichen Pogrom in Ellwangen: Jetzt Solidarität mit den Flüchtlingen!
Thüringer Frauen*kampftagsbündnis ruft anlässlich der Eröffnungsrede von Jens Spahn (Bundesgesundheitsminister) beim 121. Ärztekongress in Erfurt zu Protest für die Abschaffung von §219a auf
Ein Schwangerschaftsabbruch gilt nach den Paragraphen 218 und 219 des Strafgesetzbuches als Straftatbestand. In Deutschland herrschen nach wie vor eine Austragungspflicht für ungewollte Schwangerschaften und ein „Werbeverbot“ für Schwangerschaftsabbrüche. Zuletzt wurde die Gießener Ärztin Kristina Hänel zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie auf ihrer Internetseite über Schwangerschaftsabbrüche informiert hatte.
Das Bündnis trägt mit dem Protest vor der Multifunktionsarena in Erfurt die Forderung nach der ersatzlosen Streichung des §219a zu den teilnehmenden Ärzt*innen und den Bundesgesundheitsminister.
Gefordert wird außerdem, dass Verfahren und Methoden von Schwangerschaftsabbrüchen Bestandteil der medizinischen Ausbildung sind, der Deutsche Ärztetag und damit die Bundesärztekammer sich für die Selbstbestimmung von schwangeren Personen ausspricht und die Debatten um die Abschaffung des §219a unterstützt.
Die Kundgebung findet von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr am Dienstag, den 8. Mai, in der Nähe des Eingangs zur Multifunktionsaren (Mozartallee 3) in Erfurt statt.
Kino im Lokal: LA NUEVE – DIE VERGESSENEN HELDEN DER BEFREIUNG
Gewerkschaftliche Perspektiven auf Honorararbeit und universitäre Lehraufträge
Vier Gründe gegen Eingliederungsvereinbarungen (EGV)
Ein jeder Betroffene von Leistungen nach dem SGB II1 kennt sie, die Meldeaufforderung2 vom Amt, um eine neue Eingleiderungsvereinbarung abzuschließen.
Früher konnte das ein Stück mit Fallstricken werden, weil eine Weigerung, so etwas abzuschließen (real: man will noch verhandeln), leicht zu Sanktionen führen konnte (gegen die man vorgehen kann, was aber erst einmal Aufwand bedeutet).
Mittlerweile ist das nicht mehr so. Im § 15 (3) SGB II (Eingliederungsvereinbarung) steht:
„Soweit eine Vereinbarung nach Absatz 2 [die EGV] nicht zustande kommt, sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden.“
Das bedeutet, man kann auf die Unterschrift verzichten – ohne Sanktionen befürchten zu müssen – und sollte es auch!
Die hier aufgelisteten Gründe sind allgemeingültig, in den Erklärungen dazu gehen wir aber meist auf speziell Jena, also jenarbeit, ein, weil wir deren Fließtext schon fast herbeten können. Wenn ihr euch nicht mit dem städtischen Jobcenter jenarbeit herumschlagt, sondern einem anderen, solltet ihr noch einmal genauer in eurem EGV-Text nachlesen. Wir fürchten, es sieht nicht besser aus.
Warum eine Unterschrift eine verdammt dumme Idee ist:
1. Grund: Die EGV entspricht nicht den gesetzlichen Voraussetzungen
Das zuständige Jobcenter (JC) soll „die für die Eingliederung erforderlichen persönlichen Merkmale, berufliche Fähigkeiten und die Eignung feststellen (Potenzialanalyse)“ (§ 15 (1) SGB II).
Das könnte ein rechentechnisch gestütztes Testverfahren mit professioneller Auswertung sein, eine über Arbeitszeugnisse hinausgehende Ressourcenauflistung früherer Arbeitgeber sein (zustimmungspflichtig, weil es Daten der Betroffenen in alle Welt streut) oder ein speziell entwickeltes Verfahren – nichts davon existiert. Meistens werden nicht einmal Vorerkrankungen zur Kenntnis genommen (ja, scheiss jenarbeit: Ein Wirbelschaden ist keine gute Ausgangslage für Paketetragen).
Üblicherweise wird euer Lebenslauf in den Akten abgelegt und die sogenannte Fallmanagerin fragt, was ihr mal gemacht habt und machen wollt.
Das ist keine Potenzialanalyse.
2. Grund: Die EGV bedeutet nur Verpflichtung, aber keine Rechte
Eine EGV enthält zwar Rechte und Pflichten, aber nur dem Namen nach. Dass das JC Fahrten zu Bewerbungsgesprächen übernimmt, Kosten für Bewerbungen ersetzt und ein schlecht betreutes Computerkabinett zur selbständigen Nutzung unterhält, ist in den ersten beiden Fällen ohnehin deren gesetzliche Pflicht, im dritten Fall halt Zeug, was eh da rum steht.
Eine EGV muss aber Dinge enthalten, die über die Feststellung der Gesetzeslage hinaus geht. Üblicherweise ist das nicht der Fall.
Das „Angebot“ einer Maßnahme ist noch das weitestgehende Angebot, üblicherweise aber auch eher eine Sanktionsgelegenheit als nützlich (siehe Grund 3)
3. Grund: Die EGV sieht ungleiche Vertragsstrafen vor
Eine EGV gibt vor, ein normaler Vertrag zu sein: Zwei Leute bzw. Seiten vereinbaren etwas, das beiden nutzt und von beiden gewünscht ist und im Nichterfüllungsfall gegenseitig Folgen vorsieht. Dafür müssen wir etwas tiefer in die Materie einsteigen. Pardon, aber da müssen wir jetzt gemeinsam durch.
Beispiel 1: Wenn ihr losgeht und euch einen Mantel neu kauft, dann ist das so ein ähnlicher Vertrag. Ihr legt Geld hin, bekommt das gewünschte Stück – der Vertragsabschluss. Die Pflichten der Verkäuferin (der Kette, die den Laden stellt) endet damit nicht. Stellt ihr zu Hause fest, dass die Knöpfe nicht fest angenäht sind und eine Naht offen ist, könnt ihr das Stück zurückbringen. Wahlweise bekommt ihr das Geld zurück oder ein (hoffentlich vernünftig genähtes) gleiches Exemplar ausgehändigt. Immerhin haben sie ja schon euer Geld, also müsst ihr entsprechend ein ordentliches Stück erhalten (Ausnahme: Computer und Kfz, aber das ist ein anderes Thema).
Man kann das auch einklagen, ist aber üblicherweise nicht nötig.
Beispiel 2 (etwas unrealistisch): Ihr lasst euch ein Haus bauen. Die Architektin entwirft, Bauleiter überwachen, was eine oder mehrere Firmen da entsprechend der Pläne hinstellen.
Für solche Projekte kann man Fristen vereinbaren, bei deren Nichteinhaltung gegenseitig Folgen vereinbart werden. Z.B.:
- Ihr müsst das Grundstück stellen und einen Zugang ermöglichen. Klappt das nicht, verzögert sich die Fertigstellung und das ist dann okay.
- Die Klempnerfirma baut alle Rohre und Anschlüsse (bis zum…) ein. Klappt das nicht, holt sie das (bis zum…) nach (arbeitet aber dann zu dem vereinbarten Preis und kann keine Zusatzkosten geltend machen).
In den Folgen kann man kreativ sein, aber es nutzt einem ja nichts, in dem Falle die Klemnerfirma zu verpflichten, blaue Hüte zu tragen, deshalb sind es meist neue Fristen für eine Fertigstellung üblich.
Weil sich viele Leute Häuser bauen lassen, die sich ein ordentliches Haus eigentlich nicht leisten können, sind die Fertigstellungsfristen recht wichtig: Dann kan man schon mal die Wohnung kündigen, weil Miete plus Kreditraten nicht drin sind. Man könnte z.B. auch vereinbaren, wenn das Objekt bis zum… nicht fertig wird, wird irgendwas davon billiger, womit man dann die Miete ersetzt.
Wie sieht das nun beim EGV-Text aus? Abgesehen davon, dass sich das Amt zu nichts mehr verpflichtet als ein paar Gesetze einzuhalten (Grund 2), räumt es sich auch noch eine Nacherfüllungszeit von 4 Wochen ein! Die ist schon deshalb Unfug, weil die „Pflichten“ keine Frist haben, ab dem man die 4 Wochen zählen könnte.
Es ist um so mehr Unfug, als dass eure Pflichtverletzung schon im ersten Fall zu einer Vertragsstrafe in Höhe von 374,40 Euro (1-Personen-Bedarfsgemeinschaft) oder 1248,00 Euro (U25) führt (3 Monate lang 30 Prozent der Regelleistung). Und zwar bei jeder Pflicht, zu der ihr euch bereit erklären sollt: Jede einzelne Teilnahme an jedem einzelnen Tag von irgendeiner Maßnahme. Jedes Fristversäumnis bei der Abgabe von Nachweisen von Bewerbungen (aus denen wurden aus 1 gleich 2 im Fließtext von jenarbeit, nämlich aller 3 statt ehemals 6 Monate). Jedes Nichterscheinen bei jeder Medeaufforderung, wenn die Erklärung dem Fallmanager nicht passt.
4. Grund: Der Rechtsweg
Im Falle des Nichtunterschreibens verfasst das JC einen Eingliederungsbescheid (EGB). Gegen den ist, wie gegen jeden Bescheid, der Widerspruch möglich und sinnvoll. Man kann auch mit dem Argument, Rechtssicherheit haben und gerade Sanktionen vermeiden zu wollen, mittels Eilantrag dagegen vorgehen, speziell wenn der EGB plötzlich anders (schlimmer) aussieht als die Text-Vorlage.
(Zwischen)Fazit:
Bisher jede EGV-Vorlage, die wir uns ansehen konnten, enthielt mindestens zwei der oben aufgeführten Fehler, nicht selten alle drei. Aber eigentlich hätte auch einer schon gereicht, nicht zu unterschreiben.
Einen pragmatischen Grund liefern wir nach, weil „Vier Gründe gegen…“ besser klingt als „5 (teils halboffizielle) Gründe und ein Fazit“, wie wir finden.
5. Grund: Gibst du ihnen einen Finger, wollen sie die ganze Hand
Einen nichtausgesprochenen Grund, EGV-Vorlagen nicht zu unterschreiben, liefern wir nach: Das JC will einfach immer mehr. Hatte man ein Jahr lang z.B. die Verpflichtung zum Nachweis von 2 Bewerbungen, kommt danach die Verpflichtung zum Nachweis von 4 Bewerbungen pro Monat, danach die zu irgendeiner Ermüdungsmaßnahme.
Eine Eskalationspirale sozusagen. die man u.U. nicht ganz verhindern kann, der man aber wenigstens nicht zustimmen sollte.
- Das heißt nicht Hartzer, weil es schon nicht Hartz IV heißt, sondern notfalls noch Arbeitslosengeld 2. Das Hartz-Konzept wurde im vierten Teil so wenig komplett umgesetzt wie auch in den vorherigen (es hätte es, aller Wahrscheinlichkeit nach, eher verschlimmert). Außerdem hat Hartz IV mittlerweile eine recht abwertende Bedeutung bekommen – gegenüber den Betroffefen natürlich, nicht den Machern. [zurück]
- Meldeauflagen mit Sanktionsdrohung gibt es ansonsten nur im Strafprozess- und Polizeirecht. Woraus wir lernen: Wenn Meldeauf* irgendwo vorn dran steht, ist ein Angriff drin. [zurück]