Arsen im Salzstreuer

Kira Strolch und Karl Meyerbeer besprechen einen Sammelband, der Texte aus der feministischen Zeitschrift „Die Schwarze Botin“ aus den Jahren 1976-1980 wieder veröffentlicht.

KM: Ich kann einleitend sagen, dass ich mich wenig qualifiziert sehe, dieses Buch zu besprechen. Zum einen als Cis-Mann, zum anderen, weil mir bestimmtes Wissen fehlt: Vor allem über Kunst und Ästhetik, aber auch bei vielen theoretischen Bezügen. Da wird kritische Theorie, Psychoanalyse und Poststrukturalismus hoch und runter diskutiert. Ich habe schon eine Ahnung, dass es sich um interessante Texte handelt. Viele sind aber so voraussetzungsreich, dass ich das Buch nicht alleine besprechen wollte. Was mir sehr gut an der Zeitschrift Die Schwarze Botin gefällt, ist, dass es Streit um verschiedene Strömungen des Feminismus gab. Die meisten Autorinnen grenzen sich sowohl vom bürgerlichen als auch vom sozialistischen Feminismus ab und streiten für einen Feminismus, der zuallererst Patriarchat und Geschlechterverhältnisse, aber auch Kapitalismus und Klassenverhältnisse radikal kritisiert und dagegen handlungsfähig wird. Ich sehe aber auch teilweise eine elitäre Haltung. Die wird in der Abgrenzung zur EMMA besonders deutlich: Der wird vorgeworfen, ihre Zielgruppe bestünde aus „Frauen in Leichtlohngruppen (Anm.: schlecht bezahlte Fabrikarbeiterinnen), Büroteilzeitkräften und Stripteasetänzerinnen“. Die Schwarzen Botin war dem entgegen eine Zeitschrift von und für Leute, die bei Adorno und Heidegger studiert haben. Das will ich gar antiintellektualistisch abwatschen. Wenn das aber mit einer Verachtung fürs Proletariat und das Kleinbürgertum einhergeht, beißt sich das m.E. mit dem feministischen und antikapitalistischen Anspruch.

KS: Ich lese da viel berechtigte Kritik an einer Wendung des 2.-Welle-Feminismus hin zu Institutionalisierung. Damals ist der Feminismus in die Unis, in Politik und andere Institutionen eingezogen und hat sich durch seine Institutionalisierung verbürgerlicht. Bei der Kritik an EMMA wiederum geht es – wie ich das lese – nicht darum, sich über bestimmte, nicht an Adorno und Heidegger geschulte Frauen zu stellen oder lustig zu machen, sondern darum, dass EMMA es sich zur Aufgabe gemacht hat mit der Bearbeitung sogenannter frauenspezifischer Probleme „alle Frauen … gleichermaßen zufrieden zu stellen“, in der nicht einmal mehr der Anspruch auf Kritik oder Verbesserung der (objektiven) Lebensbedingung von Frauen zu finden ist. Das steht dem Anliegen der Schwarzen Botin total entgegen, die nämlich – und das finde ich überaus sympathisch – formuliert, dass sie allen Zeitschriften entgegen steht, die Frauen als dumm verkaufen wollen und sich das dann auch noch bezahlen lassen. In der Zeitschrift gibt es (bis auf eine Ausnahme) z.B. keine Rezensionen zu Filmen, was daran liegt, dass Filme nicht dazu neigen, dem Alltag von Frauen zu verbessern, sondern ihm zu entfliehen (so wird es zumindest im, dem Buch hintangestellten Überblickstext, spannend zusammengefasst). Sie steht einem Zufrieden-Seins entgegen, dass Versöhnlichkeit mit den Verhältnissen stiftet.

„Die Radikalisierung der Frauen wird kein akademische Prozess sein sondern einer des konkreten Zorns und der Aneignung eigener Bereiche“

KM: Ähnlich wie beim Bezug auf den Feminismus wird deutlich, dass die harsche Kritik an der Linken – vor allem an Versuchen linker Männer, dem Feminismus für den Klassenkampf zu vereinnahmen – aus einer entschieden linken Position vorgebracht wird. Das sieht man beispielsweise in vielen Texten, die sich mit der Politik der RAF und der bürgerlichen Panik über die „übertriebene“, d.h. angeblich aus dem Ruder gelaufenen, Emanzipation von Frauen auseinandersetzen, aber auch in den „Gedanken über mögliche Formen feministischer Anarchie“ von Gabriele Goettle:

„Ziel des Feminismus muss die Vernichtung kapitalistischer Produktionsformen sein. Ein Schritt dahin ist die Aufkündigung der Familie, der heterosexuellen Beziehung, und das ist ein gewaltiger Schritt, denn die Versorgung der Haushalte, des Reproduktionsbereichs, der gesamte Konsum, den die Familie mit sich bringt, fielen aus. Das wäre ein empfindlich verletzender Angriff auf die Funktion der Wirtschaft, von der Moral gar nicht zu reden. […] Die Radikalisierung der Frauen wird kein akademische Prozess sein sondern einer des konkreten Zorns und der Aneignung eigener Bereiche.“

Es geht um Zorn. Der zweiten Frauenbewegung wird vorgeworfen, dass sie eine defensive weibliche Emotionalität positiv bewertet, eine ergänzende männliche Rationalität negativ. Dem entgegen sollen Frauen gemeinsam lernen, ihr Handlungsspektrum zu erweitern und Kritik und Aggression artikulieren.

KS: In Abgrenzung von Gefühlsduselei, Emotionalität, Selbstbeschau sehe ich auch eine Kritik an einer vermeintlichen Authentizität von Weiblichkeit und damit einhergehend eine Vorstellung von Weiblichkeit als das Bessere. Mit einer solchen Vorstellung wird verkannt, dass die Dualität von Weiblichkeit und Männlichkeit ebenso wie die Dualität von Emotionalität und Rationalität einander bedingen und nicht das eine dem anderen unabhängig davon gegenübergestellt werden kann, sondern, dass wenn man sich auf die weibliche Emotionalität beruft, dann unter dem Ausschluss der Rationalität. Also während es klassisch männlich ist, Emotionalität von sich abzuspalten und rational zu agieren (was in der Sphäre der Öffentlichkeit ja auch nötig ist) verhält es sich beim weiblichen umgekehrt genauso. Wenn man sich positiv darauf beruht, erteilt man dem Denken und auch der Kritik gesellschaftlicher (Geschlechter-)Verhältnisse eine Absage.

„Mit einer historischen Einleitung und einem literaturwissenschaftlichen Nachwort“

KS: Herausgegeben und eingeleitet wird die Textsammlung von Vojin Saša Vukadinović. Er hat auch den Band Freiheit ist keine Metapher herausgeben. Da habe ich gerade nochmal in die Einführung geschaut und mich ein bisschen geärgert. Neben der Trivialisierung von Rassismus und eine in Form des Antizionismus vollzogene Bejahung des Antisemitismus beschreibt er da das Herabsinken wissenschaftlicher Standards als Ausdruck des Verfalls des Denkens und Kapitulation vor der Wirklichkeit. Darüber hinaus ist als (feministisches) Anliegen formuliert, dass Geschlechterforschung endlich wieder Ergebnisse liefern müsse. Daraus spricht das Interesse, Feminismus für den akademischen Betrieb fruchtbar zu machen. Wissenschaft gilt als Hort der Vernunft, vorausgesetzt man hat das richtige zitieren gelernt! Ich habe den Eindruck, dass er da einen wichtigen Teil der Dialektik von Aufklärung verkennt, der in der Schwarzen Botin aber durchaus Thema ist: Im Text über weibliche Sprache von Rita Bischof z.B. kommt deutlich raus, dass Logik nach dem Prinzip der Subordination funktioniert und Sprache zur Vereinheitlichung zwingt. Beides sind Instrumente der Vernunft, aber damit gleichzeitig auch Herrschaftsinstrumente. Und das trifft auf den akademischen Betrieb ja ebenso zu.

KM: An anderer Stelle konnte man kürzlich lesen, dass Vukadinović besorgt ist, seine Meinungsfreiheit zu verlieren, weil der heutige Antirassismus und Feminismus so drakonisch gegen Gegner*innen vorgeht. Ein Glück, dass er noch ein Buch bei einem sehr renommierten Verlag untergebracht hat, bevor die bösen Feministinnen ihn canceln konnten. Kleiner Scherz. Aber daran anknüpfend habe ich den Eindruck, dass in der Einleitung der Diss der zweiten Frauenbewegung und im Nachwort die literarischen Qualitäten der Schwarzen Botin im Vordergrund stehen, während der Streit für einen konsequenten und antikapitalistischen Feminismus eher als Zeitgeistphänomen – als Abarbeiten an der 1968er-Revolte – abgetan wird.

„Nichts ist leichter als die Dummheit zum goldenen Mittelmaß zu erheben, mit dem alle gleichermaßen zufrieden sein dürfen.“

KS: Es gibt ja kein gemeinsames Selbstverständnis in den Heften. Es sind Texte unterschiedlicher Theorieströmungen, die da z.T. einfach nebeneinander stehen, ohne Kontextualisierung. Der Text „Schleim oder nicht Schleim, das ist hier die Frage“ von der Herausgeberin Gabriele Goettele wird als sehr grundlegend für die Zeitschrift betrachtet, weil er in der ersten Ausgabe erschien und auch im Buch ist er sehr weit vorne mit vertreten. Für das Buch, das ja auch eine Sortierung nach Themenbereichen vornimmt, hätte ich mir schon ein bisschen Kontextualisierung gewünscht. Die Texte wurden damals innerhalb Zeitgeschehen veröffentlicht und wenn man sie jetzt 30 Jahre später ließt und die Ereignisse nicht mehr präsent hat, wäre etwas mehr Hintergrundinformation (als der einleitende Text) nicht schlecht. Darüber hinaus würde ich auch sagen, dass die Texte sehr voraussetzungsvoll sind. Aber das ist auch Programm: eine Absage an mittelmäßiges Denken, kein Einfallstor für Missverständlich zu Gunsten der Verständlichkeit, Ausdruck von Unversöhnlichkeit, „Entlarvung des falschen und schädlichen Denkens“… Wenn ich dann z.B. in der Rezension im Buch lese, wieviel Inhalt über die Form vermittelt wird, dann finde ich das übelst spannend, auch wenn ich vieles davon sicher von selbst nicht erkannt hätte.

KM: Ich habe Gabriele Goettle so verstanden, dass der Verzicht auf Karriere und Anerkennung im etablierten Betrieb Bedingung dafür ist, den Geist für radikale Kritik offen zu halten. Wobei die meisten Autorinnen sich das vermutlich auch leisten konnten, weil sie aus einem großbürgerlichen Milieu kamen, wo man sowohl das Geld als auch die Selbstsicherheit hat, sich für einen antibürgerlichen Lebensstil zu entscheiden. Womit ich keinesfalls nahelegen will, dass es verwerflich ist, diese Privilegien – wenn man das so nennen will – genau dafür zu nutzen.

„Zeitschrift für die Wenigen“?

KS: Als Szenezeitung hatte die schwarze Botin einen sehr geringen Wirkungskreis. Über 10 Jahre hinweg sind insgesamt 33 Ausgaben erschienen, die nie mehr als eine Auflage von 3000 Stück hatten. Aber das widerspiegelt ja auch eine gewisse Grundhaltung der Herausgeberinnen, die ja gegen Institutionalisierung polemisieren und sich nicht im akademischen Betrieb anbiedern, sondern radikale Gesellschaftskritik üben. Und die hat bekanntlich leider einen eher geringeren Wirkungskreis. Auch das Buch wird nicht nur wegen des Preises von fast 40€ wohl kein Kassenschlager werden. Wer aber bereit ist sich darauf einzulassen, „alte Lese- und Denkgewohnheiten abzustreifen“, dem sei das Buch wärmstens zur Lektüre empfohlen.


Die Schwarze Botin – Ästhetik, Kritik,
Polemik, Satire 1976-1980.
Herausgegeben von Vojin Saša Vukadinović
512 Seiten, 36 €
Wallstein (Göttingen)

Erfurt im Nationalsozialismus – Geschichte via Smartphone

Über die Möglichkeiten und Grenzen des digitalen Formats schreibt Annika.

Seit langer Zeit führt die Gruppe „Erfurt im Nationalsozialismus“ des DGB Bildungswerks Thüringen Stadtrundgänge durch. Aufgrund der Corona-Pandemie musste das Angebot im letzten Jahr stark zurückgefahren und zeitweilig ganz eingestellt werden. Daraus erwuchs jedoch die Idee, das über die Jahre angesammelte Wissen zur Geschichte von Orten in der Stadt auch digital zugänglich zu machen. Herausgekommen ist nun ein Multimedia-Guide, mit dem jede*r mit seinem*ihrem Smartphone oder Tablet die Innenstadt erkunden kann.

Steht man heute vor dem Erfurter Anger 1, sieht man nicht mehr, was man noch in den 1920er Jahren auf dem Dach des Gebäudes erblicken konnte – eine große gläserne Weltkugel, einstiges Wahrzeichen des Kaufhauses „Römischer Kaiser“. Denn die Kugel wurde 1937 demontiert – infolge der Enteignung der jüdischen Kaufhausgründer Arthur Arndtheim und Siegfried Pinthus durch die Nationalsozialisten. Dass man als Besucher*in des Angers über die Kugel, bzw. über die Vorgeschichte ihres Verschwindens im Alltag nichts erfährt, dass bis heute nicht einmal eine Informationstafel auf die Geschichte dieses bekannten Erfurter Gebäudes hinweist, lässt vermuten, dass auch die gravierenden Folgen, die der Nationalsozialismus für die Familien Pinthus und Arndtheim hatte, vielen Menschen unbekannt sein dürften. Geschichten wie diese möchten wir deshalb mithilfe unseres neuen Multimedia-Guides erzählen. Das Angebot, das vom Prinzip her einem Audioguide im Museum ähnelt, zeigt an insgesamt neun Stationen auf, wie sich der Nationalsozialismus innerhalb der Erfurter Stadtgesellschaft konsolidieren konnte und was das für all diejenigen bedeutete, die aus rassistischen oder anderen Gründen nach 1933 nicht mehr Teil der imaginierten „Volksgemeinschaft“ sein durften oder wollten. Wir versuchen damit, in Zeiten von Corona und darüber hinaus, einen Teil der Inhalte, die wir sonst in unseren Stadtrundgängen vermitteln, auch Einzelpersonen zugänglich zu machen und damit Hürden abzubauen, sich mit der Stadtgeschichte im Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Die Gespräche, die wir bei unseren Rundgängen mit unseren Teilnehmer*innen führen, kann das neue Angebot selbstverständlich nicht ersetzen. Wir haben deshalb zumindest versucht, inhaltliche „Nachfragen“ zu schwierigen Begriffen zu ermöglichen und dafür Lexikonartikel angelegt, die ebenfalls in der App zu finden sind. Einen Eindruck vom historischen Stadtbild liefern im digitalen Format statt unserer Beschreibungen historische Fotografien. Politische Diskussionen und einen lebendigen Austausch können dadurch sicherlich nicht ersetzt werden, aber vielleicht findet der Eine oder die Andere über den digitalen Guide ja auch den Weg zu unseren Rundgängen, in denen wir noch viele weitere Stationen beleuchten und dazu diskutieren können. Wir freuen uns sehr über Feedback und Anregungen für Verbesserungen, denn Erweiterungen des Angebots sind bereits geplant.

  • 1. Suche im Play Store/ App Store nach HistoriaApp by HHU.
    Installiere die App auf dem Smartphone oder einem anderen mobilen Endgerät.
    Öffne die App.
  • 2. Klicke links oben auf den Menü-Button
    Dort findest du unter Magazin Erfurt.
    Wähle die gewünschte Tour, um sie herunter zu laden
    Aufgrund der Größe der Datei kann es sinnvoll sein, die Tour mit WLAN-Verbindung herunter zu laden
  • 3. Nach erfolgreichem Download, klicke erneut den Menü-Button
    Klicke auf Tour starten.
  • Silence is an option – Thüringer linksradikale Szene wartet in großen Teilen ab

    Mit Perspektive aus Jena skizziert die AG-Ü30 die jüngeren Entwicklungen in Bezug auf die Veröffentlichungen von Outcalls zu Erfahrungen sexualisierter Gewalt innerhalb der linken Szene in Thüringen. Ein Beitrag dazu, was zu tun gewesen wäre, was tatsächlich geschah und was uneingelöst bleibt (Stand: Ende Februar 2021).


    Die AG-Ü30 sind eine Hand voll über 30-jähriger Genoss_innen aus Jena, die sich etwa eine Woche nach der Veröffentlichung des Jenaer Outcalls zusammen fanden, um die Betroffene zu unterstützen und ihren Beitrag zu einem politischen Aufarbeitungsprozess – zunächst in Jena, durch den zweiten Outcall auch in Saalfeld – zu leisten. Mail: ag-ue30@systemli.org


    Wer vor einem halben Jahr einen Outcall las, der via Instagram veröffentlicht wurde, dem war deutlich: Die in ihm geschilderten Übergriffe – nicht nur die Vergewaltigung, sondern auch andere übergriffige und gewalttätige Handlungen des Täters – erforderten eine Reaktion der Jenaer und Thüringer radikalen Linken. Nicht nur bewegten sich die Betroffene und der Täter in der ‚Szene‘, sondern mehrere der geschilderten Vorfälle fanden auf Szene-Veranstaltungen statt und der Täter war bis zur Veröffentlichung anerkannter Teil der lokalen und regionalen antifaschistischen Strukturen.
    Die Auseinandersetzung mit sexueller und sexualisierter Gewalt innerhalb der Szene stand schon vorher auf der Tagesordnung. Allein im letzten Jahr wurden Fälle in Erfurt1 und Gotha2 öffentlich; in Jena zumindest szeneöffentlich als Gerüchte kursierendes Wissens um sexistisches und übergriffiges Verhalten in politischen Gruppen ebenso wie eine lokale Debatte um Übergriffigkeit in Jenaer Clubs.3 Eine dezidierte kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Sexismus und Übergriffigkeit linker Männer gab es in Jena aber nicht – auch von uns nicht.

    Zwei Wochen später, und angestoßen vom Jenaer Outcall, meldeten sich auch eine Reihe betroffener Frauen aus Saalfeld zu Wort, die übergriffiges und teils gewalttätiges Verhalten durch Szene-Männer erlebt haben. Er machte erneut deutlich, dass es sich bei den Übergriffen um ein politisches Problem der radikalen Linken und insbesondere der Antifa-Szene handelte. In den Outcalls forderten die Betroffenen auch eine politische Aufarbeitung ein, der Taten und der patriarchalen Machtstrukturen in der Szene, aber auch der sexistischen Kultur in einer Szene, die teils aktiv wegschaute, nicht eingriff und vom übergriffigen Verhalten der Täter wusste.

    Die ersten Wochen nach den Outcalls schienen darauf hinzudeuten, dass diese Aufarbeitung in Jena in die Gänge kam. Unabhängig von der Betroffenen wurde zu einer FLINT*-Demo ‚gegen patriarchale Gewalt‘ aufgerufen. Ihre Organisator_innen forderten Männer dazu auf, parallel zur Demo ein Reflexionstreffen zu organisieren. Der fantifa*-Tresen veranstaltete einen Thementresen zu sexualisierter Gewalt, die Falken organisierten eine Veranstaltungsreihe und im Anarchistischen Infoblatt wurde gegen Ende des Jahres eine Reihe von Diskussionsartikeln zum Thema veröffentlicht.
    Auch wir nahmen unsere Arbeit auf und planten, uns bald überlegen zu können, wie wir an der politischen Aufarbeitung teilnehmen können. Vorher wollten wir so rasch wie möglich externe Unterstützung für die Betroffenen organisieren. Die Realität enthüllte diese Pläne als unberechtigten Optimismus. In Thüringen fehlten weitestgehend die politischen Zusammenhänge, die Unterstützungsarbeit hätten leisten können; darüber hinaus erschwerte die politisch-private Vernetzung der Täter es, regional Personen zu finden, die genug Distanz zu den Vorfällen hatten. Insgesamt war und ist in der Szene das Wissen darum, wie Unterstützungsarbeit aussehen könnte, deutlich geringer als wir es erwarteten oder es noch vor 10 oder 15 Jahren der Fall gewesen ist – und so fanden wir uns unerwartet lange und mühsam mit dem Prozess der Organisierung von Unterstützung beschäftigt.
    Die Täter taten währenddessen, was Täter tun: Sie leugneten, verharmlosten, versuchten teils Unterstützung für ‚ihre Sicht der Dinge‘ zu organisieren. Zumindest in Saalfeld gelang und gelingt es ihnen in gewissem Grad, so dass man für die Pandemielage fast dankbar sein muss, da sie Veranstaltungen unmöglich macht. Veranstaltungen – Parties, Tresen, Demos und ähnliche – auf denen eine weiter andauernde Täterpräsenz den faktischen Ausschluss der Betroffenen in Saalfeld bedeuten würde.
    Der Teil des Umfeldes der Täter in Jena und Saalfeld, der sich zumindest öffentlich von ihnen distanziert, schweigt. Teils schwiegen sie, um die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Rolle beim Wegschauen und Normalisieren zu vermeiden, teils um die eigene sexistische Szenekultur nicht zu reflektieren. Teils schwiegen sie aber wohl auch aus purer Hilflosigkeit, wie eine Auseinandersetzung mit dieser Kultur und dem eigenen Verhalten möglich ist. Auch hier zeigt sich, dass die Auseinandersetzung mit Sexismus und Männlichkeit, die vor der Veröffentlichung der Outcalls nicht vorhanden war, auch nach ihr nicht auf einmal von alleine einsetzt.
    Diese fehlende Auseinandersetzung prägte auch die Reaktion der restlichen radikalen Linken: Sie fand nicht oder nicht erkennbar statt. Zwar gab es einzelne öffentliche solidarische Statements, vom veto und dissens (beide Erfurt), vom Haskala und eher halbherzig vom Klubhaus e.V. (beide Saalfeld) sowie eine anonyme Stellungnahme aus Jena, dazu einige interne Solidaritätserklärungen, die aber nicht unbedingt bedeuteten, dass tatsächlich solidarisch gehandelt wurde. Der Großteil der Szene aber blieb stumm, sowohl in Jena und Saalfeld, als auch in Weimar oder Eisenach, wo die Täter durchaus verkehrten und politische Anknüpfungspunkte haben. Es gab private Positionierungen und sicherlich Gespräche am Küchentisch, aber politisch wurde diese Beschäftigung mit den Outcalls fast nie. Und die politische Aktivität in Jena, die durch die Demo und die Männergruppe begonnen war, reduzierte sich schnell auf Telegram-Aktivität, zunehmend kleinere Treffen der Männergruppe und schriftlicher Kritik an dieser.4
    Die offene Telegram-Gruppe, die von ihren Organisatoren euphemistisch und in der eigenen Überschätzung ‚Antipatriarchale Männergruppe‘ genannt wurde, war ein hilfloser Ausdruck dieser fehlenden politischen Aufarbeitung. Sie bestand weitestgehend aus einem schweigenden und anonymen Publikum, das sowohl von der Orga-Gruppe als auch ihren Kritikerinnen fälschlicherweise als in einer Gruppe organisierte Männer bezeichnet wurde. Darüber hinaus gab es Veranstaltungsankündigungen, unausgereifte Redebeiträge Einzelner und Kritik an diesen sowie die Protokolle der ersten Treffen. Wenn überhaupt, dann war sie für viele Männer in der Szene Jenas ein Bezugspunkt, der es ihnen erlaubte, auf Impulse aus der Gruppe zu warten, bevor sie ihre Aufarbeitung beginnen können.
    Die Kritik an dieser ‚Gruppe‘, wie sie die Falken Jena, aber auch einzelne Akteure via Telegram übten, war meist getragen von dem Bedürfnis, sexistische Gewalt und männliches Dominanzverhalten mit Polemik und entlarvender Schärfe zu begegnen. Sie konnte so ihrerseits nicht die Lücke schließen, die die fehlende Auseinandersetzung mit Sexismus und Männlichkeit offenlässt. Aus der Polemik lernen die Szene-Männer wohl nur, dass das Sichtbarmachen ihrer Hilflosigkeit in der Auseinandersetzung als Beleg für ihren Sexismus herangezogen wird und als politische Praxis von ihnen „Löscht euch!“5 gefordert wird.

    Sechs Monate später ist also nicht viel erreicht: Es gibt gewisse Unterstützungsstrukturen für die Betroffenen in Saalfeld und Jena, einzelne Gruppen und Orte haben ihre Solidarität erklärt, und ansonsten wird gewartet – entweder darauf, dass das unleidliche Thema von allein wieder verschwindet und man(n) wieder wie zuvor weiter machen kann, oder darauf, dass irgendwer anders die politische Aufarbeitung endlich beginnt. Die Tatsache, dass die linke Szene hier (und anderswo) ein grundsätzliches Problem hat, hat sie bisher scheinbar nicht begriffen, eindeutig aber nicht zu ihrer Arbeitsgrundlage gemacht. Bis sie das aber tut, hat ihr Anspruch für Emanzipation, Befreiung, das gute Leben (oder wie auch immer es jeweils genannt wird) einzustehen, seine Berechtigung verloren. Ein halbes Jahr nach den Outcalls ist es allerhöchste Zeit diese Berechtigung zurück zu erlangen und die politische Aufarbeitung zu beginnen.


    1
    http://veto.blogsport.de/2020/03/14/kamera-spanner-in-der-erfurter-linken-szene-geoutet-ein-statement-vom-veto/

    2
    https://de.indymedia.org/node/66772

    3
    http://frauenkampftagthueringen.blogsport.de/2017/01/16/abgruende-und-lichtblicke-der-jenaer-clubszene-ein-statement-zur-aktuellen-debatte/

    4
    Mittlerweile ist diese Gruppe, die zuletzt aus einer Handvoll Männern bestand, aufgelöst, auch weil sie nicht in der Lage war, die übergriffigen Männer in ihren eigenen Orga-Strukturen sowie ihre eigenen politischen Ansprüche politisch zu bearbeiten. Die Treffen, von denen das erste immerhin ca. 30 Männer erreichte, scheiterten dagegen eher an der Pandemielage und der damit verbundenen Unmöglichkeit von Präsenztreffen.

    5
    So in der Telegram-Gruppe schon am 4.12.2020.

    Gesellschaftskritik muss man selber machen

    In Anschluss an den Beitrag von Karl Meyerbeer und Minima Morali in Ausgabe #23 „Empörung ist keine Subversion“, der bereits berechtigte Kritik an Empörung und Moral der Antifa-Demo am 1. August 2020 von „Dissens“ formulierte, hat Fabian weiter beobachtet und entdeckt, dass der Aktionismus des linksradikalen Bündnisses AMMSM einige inhaltliche Leerstellen aufweist. Auf die Fallstricke von Identitätspolitik und Empörung soll das Bündnis ebenfalls hingewiesen werden.

    Das Jahr 2020 war in Erfurt vor allem im Sommer durch schwere Neonaziübergriffe geprägt. Im Juli 2020 griff eine Gruppe zum Teil vermummter Neonazis junge Erwachsene vor der Thüringer Staatskanzlei an. Mindestens fünf Personen wurden durch die Angreifer schwer verletzt. Nur knapp zwei Wochen später griffen lokale Neonazis vor ihrem damaligen Neonazizentrum im Stadtteil Herrenberg drei junge Männer an. Die Neonazis attackierten die Personen aus rassistischer Motivation heraus. Einer der Männer, welche aus Guinea nach Deutschland geflüchtet sind, schwebte zeitweise in Lebensgefahr. Wenn von einem Motiv die Rede ist, sprechen die Ermittlungsbehörden lediglich von „fremdenfeindlichen Motiven“.

    Es waren Antifaschist:innen, welche sich im Juli und August 2020 auf die Straße begaben um öffentlich auf die Tathintergründe der brutalen Angriffe hinzuweisen, welche nur die Spitze des Eisberges waren. Rechte Gewalt hat in Erfurt Kontinuität. Aber auch bundesweit wurde Deutschland wieder vermehrt der Schauplatz von offensichtlichem neonazistischen Terror. Am 2. Juni 2019 der Mord an Walter Lübcke, der antisemitische Anschlag von Halle am 9. Oktober 2019 und am 19. Februar 2020 die rassistischen Morde von Hanau. Schon kurz nach dem rechten Angriff vor der Thüringer Staatskanzlei im Juli 2020 kritisierte die Erfurter Antifa-Gruppe „Dissens“ den Umgang der Medien und Behörden damit. Da nach dem Überfall vor der Staatskanzlei alle beteiligten Behörden erst nur über eine „Massenschlägerei“ sprachen, wurde dieses Narrativ zum Teil bis heute in der Presse übernommen. Dagegen wurde der Versuch unternommen, zumindest eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Der rassistische Angriff im Stadtteil Herrenberg am Vorabend der Solidaritäts-Demonstration am 1. August 2020 sorgte für eine eher unübliche mediale Reichweite der Demonstration.

    Es zeigt sich vor allem in Thüringen, dass Straftaten von Neonazis nur unzureichend verfolgt werden. Der Prozess gegen zwei Neonazis, welche aus einer großen Gruppe heraus 2016 das AJZ in Erfurt angriffen, endete mit einer Einstellung und einem Freispruch. Wie mittlerweile bekannt ist, ist einer der Angeklagten auch Hauptverdächtiger vom Überfall auf die Staatskanzlei.
    Als die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zum Überfall vor der Staatskanzlei abschloss und verkündete, dass kein politisches Tatmotiv zu erkennen sei, rückte der Vorfall wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. MDR-Recherchen bestätigten eine Woche später, was Antifaschist:innen und die Initiative „Kollektiv56 aufdecken!“ schon lange wussten. Die Täter waren organisierte und sehr wohl bekannte Neonazis. Dieser Missstand treibt Antifaschist:innen in Erfurt um und so organisierte das Bündnis „Alles muss man selber machen“ eine Kundgebung am 30. Januar 2021 unter dem Motto „Unsere Solidarität gegen ihr Scheißsystem!“.

    Wir gegen die

    Das Motto der Kundgebung impliziert bereits eben jene Rhetorik der Abgrenzung zum nicht näher beschriebenen System. Aber mit viel Wohlwollen lässt sich darin auch eine Stoßrichtung erkennen, die zumindest versucht den Schritt weiter zu gehen, als es die bürgerliche Zivilgesellschaft tut. Denn es besagt auch, da sind sich die Autor:innen des Aufrufs sicher, dass neonazistische Gewalt und Kapitalismus irgendwie zusammenhängen. Eine ausführliche Antwort darauf bleibt man leider schuldig. Stattdessen stellt man halbwahre Behauptungen auf. So ist im Aufruf die Rede davon: „Der Staat und seine Behörden sind weder in der Lage, noch gewillt sich Nazis aktiv entgegenzustellen.“ Dabei ist der Staat dazu sehr wohl in der Lage, wie die kurz vorher verhandelte Verurteilung des Mörders von Walter Lübcke zeigt. Die Behauptung ist eben nur die halbe Wahrheit, denn der Staat greift genau dann gegen Neonazis durch, wenn diese den Staat oder seine Interessen angreifen. So kommt es dann, dass der Täter für den Mord an Lübcke verurteilt, aber für den Mordversuch an dem Geflüchteten Ahmed I. freigesprochen wird, während sich die bürgerliche Presse für diesen Fall zugleich fast gar nicht interessiert. Insbesondere seit dem Aufstand der Anständigen Anfang der 2000er ist „Antifaschismus“ in Deutschland nationale Aufgabe geworden. Sehr wohl in einem Verständnis von „Antifa“, welches nicht auf eine Kritik oder gar einen Umsturz des Bestehenden zielt. Es geht viel mehr um eine nachhaltige Lobbyarbeit für ein braves „Weiter so!“, dazu braucht es den Aufbau und die Festigung einer Zivilgesellschaft mittels Demokratieförderung, staatlichen „Antifa“-Institutionen, wie beispielsweise MOBIT oder anderen Projekten. Viele dieser institutionalisierten Demokratieprojekte sind vermehrt zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für sonst beruflich gescheiterte Linksradikale geworden. Dabei ist genau das eine gute Zustandsbeschreibung, wie es um die Gesellschaftskritik der radikalen Linken in Thüringen bestellt ist. Es fehlt an eben jener, nicht an Aktionismus getränkt von Empörung, Moral und Identität.

    Menschliche Unmenschlichkeit muss man selber machen

    Auch AMMSM schafft es leider nicht, sich anders als mit einfachen Phrasen vom Staatsantifaschismus abzugrenzen. So heißt es weiter im Aufruf: „Schon längst haben wir keine Erwartungen mehr an ein kapitalistisches System, das jeden Tag Menschen abschiebt, das Abtreibungen illegalisiert und repressiv gegen Antifaschist*innen vorgeht.“ Die Beschreibung einzelner Brüche innerhalb der Totalität der kapitalistischen Gesellschaft ist noch keine Kritik der Gesellschaft und das wiederum ist ein grundlegender Punkt, über den es das Bündnis bislang noch nicht geschafft hat hinauszugehen. Zwar wird der Kapitalismus immer wieder als zu überwindendes Übel begriffen, aber die Forderungen unterscheiden sich meist nur in ihrer Verbalradikalität von denen einer sozialdemokratischen Parteijugend. So kommt es dann eben auch, dass man Abschiebungen als „unmenschlich“ kritisieren kann, aber nicht versteht, dass diese Gesellschaft eine Ideologie reproduziert, die ihre eigene Gewalt und Menschenfeindlichkeit zu rechtfertigen weiß. Demnach stellt es in dieser Gesellschaft keinen Widerspruch dar, sich selbst als menschlich zu begreifen, aber Menschen abzuschieben und nach ihrer Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt zu bewerten. Der ständige Appell, dass dies besonders „unmenschlich“ und zu verurteilen sei, prallt genau an diesem Punkt ab. Ebenso verhält es sich bei der Argumentation, dieses „System“ sei zutiefst rassistisch, antisemitisch, sexistisch und queerfeindlich. Was wie eine Zustandsbeschreibung der islamischen Republik Iran klingt, meint allerdings die deutsche Gesellschaft. Mal abgesehen davon, dass die westlichen Länder im Vergleich die liberalsten Gesetzgebungen für Queer- und Trans-Personen haben und sich Antisemitismus in Deutschland verdeckter artikuliert, erweisen sich diese verbalen Übertreibungen schnell als zu unkonkret. Sie sind eben keine genaue Zustandsbeschreibung von patriarchaler Unterdrückung, antisemitischer Ideologie der Deutschen oder rassistischer Politik, sondern Zuspitzungen. Genauso einfach, wie sich damit eine moralische Abgrenzung schaffen lässt, so einfach sind sie zu widerlegen oder zumindest in Zweifel zu ziehen, geht man ins Detail. Das Fortbestehen dieser Unterdrückungsmechanismen innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft wird nicht erklärt, sondern mittels möglichst großer empörter Verbalradikalität zwar genannt, aber nicht verstanden.

    Wer sich der Überwindung des Kapitalismus verschreibt, sollte sich auch dessen Kritik annehmen. Brüche erkennen kann ein erster Schritt sein, bedarf aber den nächsten der radikalen Gesellschaftskritik zu gehen. Auch wenn es in einem breiten Bündnis wohl sehr viel mehr Kraft und Zeit kostet, als es für einen Lirabelle-Autoren im eigenen Elfenbeinturm der Fall ist.

    Wir wollen (keine) Bullenschweine

    Die Thematisierung des Umgangs der Justiz mit der brutalen Neonazigewalt in den letzten Monaten macht durchaus wütend. Ein weiteres zentrales Anliegen der Kundgebung war es, dieser Wut Ausdruck zu verleihen und „angepisst“ zu sein. Ganz und gar empowernd sollte die Kundgebung für mehr antifaschistische Selbstorganisierung eintreten. Doch die Einsicht in die Organisierung besteht eben nicht aus wütender Ohnmacht oder dem Bedürfnis mal allen Emotionen freien Lauf zu lassen. Es ist keine Selbstermächtigung, auf die das „Empowern“ wohl abzielen sollte. Viel mehr sollte sie darauf fokussiert sein, Strukturen so aufzubauen und zu stärken, dass der politische Gegner gar nicht erst auf den Gedanken kommt uns anzugreifen.

    Generell stellt sich die Frage, inwiefern sich das Ziel der Selbstorganisierung damit versteht, dass in den Redebeiträgen fast durchweg kritisiert wird, dass der Staat nicht seine eigentliche Aufgabe übernimmt. Da man auf der einen Seite nicht müde wird zu betonen, man habe keine Erwartungen an den Staat, aber ständig kritisiert, dass dieser seine Aufgaben nicht erfülle, bleibt die Frage, wo die beteiligten Akteur:innen denn jetzt genau hinwollen. Diese Frage stellt sich auch, wenn die Gruppe „Freies Kollektiv Kaffeetrichter“ zu dieser Kundgebung gegen das „Scheißsystem“ mit aufruft, aber dann Ende Februar skandalisiert, dass die Polizei ihre Gegenkundgebung zum Aufmarsch von Corona-Leugner:innen nicht schützen kann und sie dann die Kundgebung absagen.

    Antifa heißt…

    Antifaschistische Organisierung kann gelingen, allerdings wird sie in ihrer Widersprüchlichkeit verharren, wenn sie sich nicht einer radikalen Kritik der Gesellschaft annimmt. Diese funktioniert nicht durch emotionale Empörung. Es bedarf des Verständnisses, dass die kapitalistischen Verhältnisse die Grundlage bilden, dass ein Kippen in eine wirklich zutiefst antisemitische und rassistische Barbarei möglich ist. Die Möglichkeit der Barbarei bietet die Grundlage für neonazistische Gewalt. Sie ist das Mittel, die faschistische Ideologie durchzusetzen. Straffreiheit bildet für die Schläger nur einen netten Anreiz nochmal zu zulangen.

    Da, wo Antifaschist:innen für Recht und Gesetz Politik machen, gilt es entgegen zuhalten, dass Staat und Recht nicht dazu da sind, die bestehenden Verhältnisse zu verändern, sondern sie sind immer nur Ausdruck dessen und der Verwaltung des kapitalistischen Elends.

    Antifaschistische Selbstorganisierung bedarf Selbstaufklärung und Anti-Politik, wenn sie wirklich auf Überwindung der objektiv-gesellschaftlichen Voraussetzungen für Rassismus und Antisemitismus zielen und nicht Teil eines einfach besser verwalteten „Weiter so!“ sein will. In diesem Sinne heißt Antifa vielleicht auch, dass die Hoffnung auf eine solche Einsicht zuletzt stirbt.

    Einen guten Ansatz bietet beispielsweise die Reihe „Was heißt Antifa?“, erschienen in der Alerta Südthüringen.

    10. Mai 2021 | 19 Uhr | “Corona-Pandemie im Knast”

    Als GG/BO-Soligruppe Jena werden wir am Montag bei der Veranstaltung “Corona-Pandemie im Knast” teilnehmen. Mit von der Partie werden sein der Langzeitgefangene Thomas Meyer-Falk und das gefangenen info. Die Veranstaltung ist Teil der Diskussionsreihe “Corona und linke Kritik(un)fähigkeit” von Anne Seeck, Peter Nowak, Gerhard Hanloser und Elisabeth Voß. Wir selbst sind der Ansicht: Die Gefangenen-Gewerkschaft […]

    Wegen Ermittlungen gegen Autonome in Jena – Polizei wendet sich an Gefangenen

    Polizei und Politik nehmen derzeit die autonomen Randale und Anschläge des letzten halben Jahres zum Anlass, um gegen die linke Szene in Jena zu ermitteln. Dabei fahren sie einige Geschütze auf: Presseerklärungen gegen „linke Gewalt“ und „Linksterrorismus“, ein Innenministerbesuch am Tatort, eine 14-köpfige Ermittlungskommission, Fahndungsaufrufe und -plakate, mittlerweile 15.000 € Kopfgeld, Vorladungen zur DNS-Abnahme, verstärkte Polizeipräsenz […]

    Da singt doch eine*r?

    Aus sicherer Quelle wissen wir, dass die Bullen eine sogenannte V-Person in Jena bzw. Szeneumfeld führen. Leider wissen wir (noch) nicht, wer diese Person ist. In dieser Situation sind nun zwei Dinge ganz wichtig: Betreffend eurer politischen Aktionen, überlegt euch gut und genau, mit wem ihr was besprecht. Es gibt sicher gute Gründe, Aktionen besprechen. Fame [...]

    Verspäteter OP-Termin und verweigerte Reha für Gefangenen in JVA Untermaßfeld

    Wie wir berichteten, wurde einem Gefangenen der JVA Untermaßfeld über Wochen ein notwendiger OP-Termin zur Entfernung von Drähten im Handgelenk verweigert. Mitte Februar erhielten wir einen Brief, in dem er schreibt, dass er nun doch viel zu spät eine OP hatte, seit der OP aber keine Reha bekommt. Dieser „Einzelfall“ ist nur ein weiterer Beweis […]

    Weiterer Hungerstreik im März in der JVA Suhl

    Younes A., der mittlerweile entlassen ist, hat im März einen weiteren Hungerstreik gegen die Schikanen gegen ihn gemacht. Wie aus seinem Bericht hervorgeht, wurde er auf die Entlassung nach 12 Jahren und 6 Monaten nicht ordentlich vorbereitet, sondern sogar zusätzlich isoliert. Damit führt die JVA Suhl-Goldlauter den eigenen Resozialisierungsanspruch ad absurdum. Wir geben im Folgenden […]

    Antifaschismus lässt sich weder verbieten, noch einsperren – Freiheit für Lina!

    geteiltes Statement der BB/BO-Soligruppe Jena (https://ggbo.de/freiheit-fuer-lina/) Am 5. November 2020 wurde die Studentin Lina aus Leipzig im Rahmen einer größeren Razzia verhaftet und anschließend in Untersuchungshaft gesteckt. Seitdem sitzt sie in der JVA Chemnitz. Ihr wird vorgeworfen, sie habe als Kopf einer „kriminellen Vereinigung“ nach § 129 StGB Angriffe auf Neonazis organisiert und durchgeführt. Dabei geht [...]

    Vortrag Gefängnis online für Ulmer Gruppen

    Morgen, am 30. März 2021, werden wir 18 Uhr einen Online-Vortrag über Gefängnisse halten. Eingeladen haben uns Gruppen aus Ulm, darunter das autonome Kollektiv 26. Wir werden eine Analyse des Gefängnisses und seiner Rolle in der Gesellschaft anreißen, über den Strafvollzug in Deutschland und die Ausbeutung der Gefangenen sprechen, auf die Corona-Situation in den Knästen […]

    Zur Sponti am 11.11. & 13.03. und einem solidarischen Umgang mit Repression

    Bereits die Sponti vom 11.11. zieht eine größere Repression nach sich, die mit den Ereignissen vom vergangenen Samstag Abend wohl noch mal zunehmen wird. Es ist uns ein großes Anliegen, dass mit dieser Repression solidarisch und verantwortungsbewusst umgegangen wird, deshalb nehmt euch bitte ein paar Minuten Zeit um diese Zeilen zu lesen! Wenn ihr eine [...]

    17. März 2021: Online-Vortrag über Corona im Knast

    Als Soligruppe Jena werden wir gemeinsm mit dem aktiven Gefangenen-Gewerkschafter Manuel Matze, offener Vollzug JVA Zeithain, eine Online-Veranstaltung bei der Roten Hilfe Bremen bestreiten. Meldet euch dazu gerne an! Alle wichtigen Infos im Folgenden. 17. März 2021: Online-Vortrag über Corona im Knast Vortrag und Diskussion im Rahmen der Aktionswoche gegen Repression – veranstaltet von Rote […]

    Antifaschismus lässt sich weder verbieten, noch einsperren – Freiheit für Lina!

    Am 5. November 2020 wurde die Studentin Lina aus Leipzig im Rahmen einer größeren Razzia verhaftet und anschließend in Untersuchungshaft gesteckt. Seitdem sitzt sie in der JVA Chemnitz. Ihr wird vorgeworfen, sie habe als Kopf einer „kriminellen Vereinigung“ nach § 129 StGB Angriffe auf Neonazis organisiert und durchgeführt. Dabei geht es vor allem um zwei Angriffe […]

    Antifaschismus lässt sich weder verbieten, noch einsperren – Freiheit für Lina!

    Am 5. November 2020 wurde die Studentin Lina aus Leipzig im Rahmen einer größeren Razzia verhaftet und anschließend in Untersuchungshaft gesteckt. Seitdem sitzt sie in der JVA Chemnitz. Ihr wird vorgeworfen, sie habe als Kopf einer „kriminellen Vereinigung“ nach § 129 StGB Angriffe auf Neonazis organisiert und durchgeführt. Dabei geht es vor allem um zwei Angriffe […]

    Häftling in JVA Suhl-Goldlauter protestiert gegen Isolation und Schikanen– Hungerstreiks, Selbstverletzung und Selbstmordversuch

    Younes A., der seit 12,5 Jahren inhaftiert ist und derzeit die letzten Wochen seiner Haft in der Thüringer JVA Suhl-Goldlauter absitzt, hat im Dezember 2020 und Februar 2021 mit Hungerstreiks und Selbstverletzungen bis hin zum Selbstmordversuch gegen seine Haftbedingungen protestiert. Er fordert eine Ende der Schikanen und ordentliche Lockerungsmaßnahmen gemäß dem Vollzugsplan. Als Solidaritätsgruppe Jena […]

    FAU Jena unterstützt Kundgebungen für feministischen Streik in Jena

    Am 8. März 2021 veranstaltet das Frauen*streik-Bündnis aus Jena vier Kundgebungen vor Betrieben und auf Plätzen in Jena-Göschwitz und Jena-Lobeda. Als Basisgewerkschaft unterstützen wir das Bündnis, dessen Forderungen und die Aktionen und rufen ebenfalls zur Teilnahme dazu auf: 08. März 2021: „Die Krise steckt im System – Auf zum feministischen Streik gegen den Normalzustand!“ 11-13 […]

    7. März 2021: Kundgebung an der JVA Chemnitz

    Am 7. März findet um 15 Uhr auf dem Parkplatz der JVA Chemnitz eine Antiknast-Kundgebung statt. Als Solidaritätsgruppe Jena der Gefangenen-Gewerkschaft (GG/BO) unterstützen wir die Aktion und rufen zur Teilnahme auf. Den vollen Aufruf findet ihr auf der Seite des Anarchist Black Cross (ABC) Dresden. Wer aus Jena anreisen möchte, kann den Zug 12:20 von […]

    Rebecca Seidler – Pädagogischer Umgang mit Antisemitismus

    04.03.21 / 19 Uhr In diesem Vortrag/Workshop geht es zunächst um Erscheinungsformen von Antisemitismus im Bildungsbereich. Hierfür werden konkrete Fallbeispiele angeführt, anhand dessen im Folgenden pädagogische Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, um die eigene Handlungskompetenz im Umgang mit Antisemitismus zu stärken. Diese Veranstaltung ist Teil der Reihe “Feindaufklärung. Moderne Formen des Antisemitismus”, die von den Falken Jena … Rebecca Seidler – Pädagogischer Umgang mit Antisemitismus weiterlesen

    Yevgen Bruckmann – Israelbezogener Antisemitismus

    25.02.21 / 19 Uhr Israelbezogener Antisemitismus zählt gerade in Deutschland zu den aktuellsten Formen des Antisemitismus. Ob im Schulterschluss zwischen den Jusos und der Fatah Jugend, Kulturinitiativen zur Freiheit des Boykotts an Juden und Jüd:innen oder den Aussagen deutscher Minister zur Impfkampagne in Israel, er findet sich in allen Bereichen der deutschen Gesellschaft wieder.In diesem … Yevgen Bruckmann – Israelbezogener Antisemitismus weiterlesen